Purim  - © Foto: APA / AFP / Menahem Kahana

Purim - Jüdisches Fest der Freude

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Purim, der „jüdische Fasching“, der heuer auf den 15. bis 17. März fällt, erinnert an die Errettung der Juden vor dem ersten Genozid der Geschichte durch die jüdische Königin Ester im persischen Großreich.

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Purim, der „jüdische Fasching“, der heuer auf den 15. bis 17. März fällt, erinnert an die Errettung der Juden vor dem ersten Genozid der Geschichte durch die jüdische Königin Ester im persischen Großreich.

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Da heuer ein Schaltjahr ist, gab es bereits vom 15. bis 17. Februar „Purim Katan“ – das kleine Purim-Fest. Das große Purim-Fest findet freilich vom 15. bis 17. März statt. Doch was wird dabei überhaupt gefeiert?

Das biblische Buch Ester erzählt in zehn Kapiteln die Purim-Geschichte. Haman, Großwesir und Heerführer des persischen Königs Achaschwerosch (historisch ident mit Xerxes I., der das persische Großreich 485– 465 v. u. Z. regierte), wollte alle Juden an einem Tag ermorden. Dies wäre der erste Genozid der Menschheit gewesen. Achaschwerosch machte nach Verstoßung seiner Gemahlin Waschti das jüdische Mädchen Hadassa (dt. Myrte) zu seiner neuen Gemahlin. Am persischen Hof nahm sie den Namen Ester an und verschwieg auf Anraten ihres Onkels Mordechai ihre jüdische Herkunft. Sie war eine Waise. Aus religiösen Gründen verweigerte Mordechai dem Großwesir Haman den befohlenen Fußfall. Haman war dadurch in seiner Eitelkeit gekränkt und wollte Mordechai töten. Als er erfuhr, dass dieser Jude war, beschloss er, alle Juden auszurotten. Alle Juden sollten an einem Tag vernichtet werden, da sie eine Gefahr für König und Königreich darstellten. Achaschwerosch billigte Hamans Ansinnen, gab ihm seinen Siegelring, um das Pogrom-Edikt zu besiegeln. Dieses Pogrom-Edikt wurde im Monat Nissan verfasst. Durch das Los-Orakel – dem Werfen von Losen – wollte Haman den besten Zeitpunkt für den Genozid ermitteln. Das Los fiel auf den 13. Adar. („Purim“ kommt vom akkadischen Wort „Pur“, welches „Los“ bedeutet.)

Haman gilt als Prototyp des Judenfeindes. Seine Verleumdung des Judentums im Buch Ester ist ein locus historicus der Judenfeindschaft. Als Mordechai vom mörderischen Plan Hamans erfuhr, ging er in seiner Verzweiflung in Sack und Asche zum Tor des Königspalastes. Ester wurde von ihm über das beabsichtigte Pogrom unterrichtet und aufgefordert, es bei Achaschwerosch zu verhindern. Ester zögerte anfänglich, da das Hofprotokoll bei Androhung der Todesstrafe verbot, unaufgefordert vor dem König zu erscheinen. Dennoch entschloss sie sich zu diesem schweren Gang, erbat aber von Mordechai ein dreitägiges Fasten und Beten aller Juden in der Hauptstadt Susa. Das ist auch der Grund, weshalb vor dem Purim-Fest, das am 14. Adar stattfindet, einen Tag zuvor, also am 13. Adar, ein Fasttag festgesetzt ist (Ta’anit Ester, das Fasten der Ester).

Der König zeigte sich jedoch hocherfreut über Esters Kommen und fragte sie nach ihrem Begehr. Ester bat den König gemeinsam mit Haman als einzigen Ehrengast an zwei nachfolgenden Tagen jeweils zu einem Festmahl. Haman zeigte sich geschmeichelt, da er diese Einladung als eine Huldigung seiner Person durch Ester auffasste. Beim zweiten Festmahl gab sich die Königin als Jüdin zu erkennen und flehte Achaschwerosch an, ihr Volk und sie vor der Vernichtung durch Haman zu retten. Haman sei ein Bösewicht und eingeschworener Feind aller Juden. Achaschwerosch war über Haman erzürnt und ließ ihn an jenem Galgen hängen, den dieser für Mordechai bestimmt hatte.

Er konnte das erste Edikt aber nicht widerrufen, da ein königliches Edikt nicht zurückgenommen werden konnte. Er gab jedoch Esther und Mordechai die Erlaubnis, mit seinem Siegelring ein zweites Edikt zu erlassen, dass allen Juden in seinem Reich gestattet war, sich am 13. Adar zu verteidigen. Daher konnten die Juden an diesem Tag ihren Gegnern mit Waffengewalt entgegentreten. Mordechai und Esther bestimmten, dass das Purim-Fest, wie es auch heute noch geschieht, für die Zukunft jährlich mit Festmahl, Fröhlichkeit und gegenseitigen Geschenken sowie Gaben an die Armen gefeiert werden soll. Am Ende des Buches Esther heißt es: „Aus einem Tag des Kummers wurde ein Tag der Freude, und Trauer wurde zu Glück verwandelt“.

Die Verlesung der „Megilat Ester“, der Esther-Rolle in der Synagoge am Vorabend des 14. Adar und beim Morgen-Gottesdienst, steht im Mittelpunkt der Feierlichkeiten. Sie wird vom Vorbeter in einer eigenen Melodie verlesen (Nigun), dabei soll Wort für Wort deutlich hörbar sein. Die Gemeindemitglieder lesen mit, wenn möglich aus eigenen, handgeschriebenen Pergamentrollen. Derartige Megilot stellen einen wertvollen Besitz dar, denn sie wurden von Tora-Schreibern handgeschrieben.

Ein Spektakel der besonderen Art.

Die Verlesung der Megilat Ester ist speziell für die Jugend ein Spektakel der besonderen Art. Jedes Mal bei Erwähnung des Namens Hamans (47 Mal!), des Bösewichtes, wird mit Rasseln, Ratschen (jiddisch „Gragger“) und mit Fußstampfen Lärm geschlagen. Dabei wird der melodische Gesang des Vorbeters übertönt. Während dieses ohrenbetäubenden Lärms unterbricht der Vorbeter die Verlesung, die er nach Beendigung des Lärmens fortsetzt.

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