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Recht auf Eigentum bleibt bestehen

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Wie alle Kirchenväter der ersten Jahrhunderte, ist er als Nur-Ethiker weit von der rechtlichen Betrachtung der Gesellschaft entfernt. Das Recht wird nur in seinem ethischen Bewandtnis gesehen, also im moralischer Sicht. In den in der Enzyklika wiedergegebenen Worten Ambrosius' handelt es sich also nicht um das Eigentumsrecht, sondern um dessen rechten Gebrauch. Das beweist deutlich der folgende lateinische Originaltext: „Quae verba declarant, privatam bonorum pro-prietatem nemini ius tale concedere, quod supremum, sit nullique con-dicioni abnoxium“; das heißt, zutreffend übersetzt: „Diese Worte erklären, daß das Privateigentum an den Gütern niemandem ein solches Recht einräumt, das absolut ist und keiner Einschränkung unterliegt.“

Die Enzyklika Papst Pauls VI. ändert weder, noch erweitert sie die bisherige Lehre der Päpste über das Eigentumsrecht und seinen sittlichen Gebrauch. Dies ergibt sich auch daraus, daß die Enzyklika sowohl im Text selbst als auch in den Marginalien wiederholt auf die vorher erörterten sozialen Botschaften der Päpste Bezug nimmt und diese Lehre als gegeben annimmt; ebenso auch die konformen Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzüs. Wie könnte auch angenommen werden, daß der Papst das Recht auf Eigentum und die sich daraus ergebende Verfügungsgewalt in Zweifel setzt, da er an anderer Stelle der Enzyklika als beispielgebend hervorhebt, daß

einige seiner Brüder aus dem Episkopat aus ihrem eigenen Vermögen etwas opferten. Das könnte nicht beispielgebend sein, wenn das Recht auf Eigentum und dessen Gebrauch in Zweifel gesetzt würde.

Wenn Papst Paul VI. stärker und dringender als in den früheren sozialen Botschaften der Päpste fordert, daß diejenigen, welche in Überfluß leben — nicht nur die einzelnen, sondern auch die Völker —, von ihrem Uberfluß den rechten Gebrauch machen, um das Elend, in dem sich nicht nur einzelne, sondern ganze Völker befinden, zu lindern und — um dies zu erreichen — eindringliche Worte gebraucht und Mißstände hart verurteilt, so ist bei richtigem Verständnis der Enzyklika nichts in ihr enthalten, was der bisherigen Lehre der Kirche vom Eigentumsrecht und seinem Gebrauch nicht ganz entspricht. Das Recht auf Privateigentum gilt, wie Papst Johannes XXIII. und seine Vorgänger lehren, für jede Zeit. Jedes Abweichen von dieser Lehre würde, wie Papst Pius XII. sagte, gefährlich sein, vom rechten Weg abführen und schwere Folgen nach sich ziehen. Die Lehre der Kirche über das Eigentum und seinen Gebrauch ist heute die gleiche, wie sie schon vor mehr als 1600 Jahren Ambrosius formulierte: Es ist ein kleineres Verbrechen, dem Besitzenden etwas zu nehmen, als — so du kannst und in Überfluß lebst — dem Armen und Bedürftigen etwas zu verweigern.

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