"Religionspräservativ"

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Der Religionsunterricht wird zu einem langwierigen Training, alles Religiöse an sich abgleiten zu lassen", kritisiert der Psychologe Albert Görres in seiner 1966 (!) erschienenen Pathologie des katholischen Christentums. Er begründet dies mit der korrumpierenden Wirkung der durchschnittlichen elterlichen Autorität, die religiöse Erziehung für sich selbst als belanglos betrachtet, aber im Rahmen der Schule bejaht. "Die Autorität des Elternhauses entwertet ständig die Autorität des schulischen Religionsunterrichts, und die Kinder hören im Religionsunterricht Dinge, die in ihrer Konsequenz eine Kritik der Eltern und ihres Verhaltens bedeuten." Das Modell eines primär normativen Religionsunterrichts mußte aufgegeben werden, sollte der Religionsunterricht nicht weiter Religionslosigkeit fördern.

"Religionspräservativ" nennt mehr als zwei Jahrzehnte später Hartmut von Hentig, führender Pädagoge und Initiator der Bielefelder Laborschule, den Religionsunterricht, ohne sich dabei speziell auf seine katholische Variante zu beziehen. Religion, nun mehr als Angebot ins Spiel gebracht, habe jeden Anspruch verloren und sichere, dass es zu keiner fruchtbaren Begegnung des Kindes mit Religion kommt.

Einem primär normativen Religionsunterricht, auch im neuen Kleid (das Glaubensgut positiv darlegen), aber auch einem belanglosen und beliebigen Religionsunterricht wird nicht nur die Klientel fehlen, sondern der Platz in einer Schule, die nach Qualität fragt. So stehen alle für den Religionsunterricht Verantwortlichen stets neu vor der nicht einfach auflösbaren Frage: Wie läßt sich vermeiden, dass Religion als "Angebot" ins Spiel gebracht, als "Religion ohne Anspruch" verstanden wird?

Hinweis: Im Streit um den Religionsunterricht leisten übrigens die Arbeiten des Salzburger Religionspädagogen Anton A. Bucher einen Beitrag zu einer realitätsgerechteren Wahrnehmung, so jüngst: Religionsunterricht zwischen Lernfach und Lebenshilfe, Kohlhammer, Stuttgart 2000. 160 Seiten, kt., öS 197,-/e 14,32

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