Ritter, Räuber und dann Bischof

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Reinhold Stecher sammelt in seinem neu erschienenen Buch "Augenblicke" Erinnerungen aus seinem Leben:ein nachdenklicher Blick zurück.

Zu Hause, bei unseren Glasbalkontheatern, war ich ein Ritter, ein Räuber, ein König oder ein Siegfried oder eben irgendetwas Imponierendes mit Pappendeckelschild und Holzschwert- und nun dieses Engagement als Rotkäppchen!" - erinnert sich der frühere Innsbrucker Diözesanbischof Reinhold Stecher in seiner neu erschienenen Biographie "Augenblicke" an seinen ersten Theaterauftritt in der Volksschule zurück. "Der Lehrer drückte mir ein Körbchen in die Hand und setzte mir ein rotes Käppchen auf. Ich war beleidigt."

Stechers Biographie regt zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken an. Dabei verzichtet er auf ein langwieriges, vollständiges Auffädeln wichtiger Lebensabschnitte, sondern pickt stattdessen nur einzelne Momente und Geschichten aus seinem Leben heraus, die er so niederschreibt, als würde er sie einem guten, alten Freund erzählen: in einfacher, klarer und liebevoll ausgeschmückter Art und Weise, mit einer gewissen persönlichen Vertrautheit. Denn gegen eine Biographie im klassischen Sinn hat sich Stecher gewehrt: Immerhin, erklärt der Autor im Vorwort, sei sein Leben nicht viel anders als das Leben vieler seines Jahrgangs verlaufen.

Mit 20 Jahren wird Stecher 1941 unter Anklage der Mitbeteiligung an der Organisation einer unerlaubten Wallfahrt von der Gestapo verhaftet. Zwei Monate verbringt er im Gefängnis, wo er mit einem Priester heimlich und unter größter Gefahr die Messe feiert: "Es gab in der Zelle einen winzigen Klapptisch - er musste als Altar dienen. Als Altartuch genügte ein Taschentuch. So blieb nur mehr die Frage des Kelches. Wir hatten nichts anderes als einen Rasierseifendosendeckel."

Stechers Prägung als Gegner des Nationalsozialismus spinnt sich konsequent durch seine ganze Biographie, denn viele seiner Erinnerungen kreisen um das Thema Intoleranz: So schätzt der Autor die Gefahr neuer Diskriminierung heute zwar als geringer, aber immer noch als gegeben, ein: "In einer Welt, in der die Bildung des Gemüts zu Gunsten aller möglichen Fähigkeiten und Künste zurückgeht, ist immer wieder die Gefahr gegeben, dass der Drache der Intoleranz in immer neuen Gestalten ausbricht".

Doch trotz der Schrecken, die der Zweite Weltkrieg mit sich gezogen hat, verliert Stecher nicht den Blick für das Positive: So erkennt er, im Zuge eines Ausflugs, auch Parallelen zwischen dem Leben und seiner Lieblingsbeschäftigung: dem Bergstei- gen:"Wir hängen immer am Seil. Auf der Kletterführung des Lebens sind wir immer die Zweiten. Immer ist einer voraus, den wir nicht sehen und der uns sichert an Haken, die nicht ausbrechen, und mit Karabinern, die alles halten."

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