Sachertorte in Jerusalem

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Kardinal Schönborn begleitet Ende März eine Pro-OrienteDelegation nach Israel und Palästina. Wohnen werden die Pilger im Österreichischen Hospiz.

Die Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und Isralis haben den Pilgertourismus im Heiligen Land fast völlig versiegen lassen. Eine der Pilgerstätten, die darunter zu leiden hatte, ist das Österreichische Hospiz im Herzen von OstJerusalem. In einem von Palmen und Föhren beschatteten Garten steht das 1863 errichtete Gebäude über der Via Dolorosa, nahe der dritten Kreuzwegstation. Von Anfang an war es für Pilger gedacht und ist es bis heute. Mittlerweile wohnen aber auch zahlreiche Touristen hier, die nicht wegen des Pilgerns kommen, sondern nur die Heiligen Städten besuchen wollen.

Das Faszinierende an diesem Haus ist die Lage: Der Blick aus den Fenstern gleitet vom Felsendom und der Al Aksa-Moschee über die Dächer und Kuppeln bis zur Grabeskirche. Und darüber schweben regelmäßig die Gebete der Muezzins von den vielen Minaretten der Stadt, in die sich zwischendurch die Glocken der christlichen Kirchen mischen.

Weiter Blick über die Stadt

Dazu kommt noch der Blick hinunter auf die Via Dolorosa und die anderen sich hier kreuzenden schmalen Straßen voller Menschen. Alte und junge Juden auf dem Weg zum Gebet an der Westmauer oder zurück. Junge und alte Muslime, Männer und Frauen auf dem Weg zum Gebet in die Moschee oder zurück zum Damaskus-Tor. Dazwischen christliche Pilger aus allen Teilen der Welt und arabische Christen aus der Stadt mit all ihrer Geschäftigkeit. Diese Stadt atmet Religiosität in den vielfältigsten und miteinander verflochtenen Formen, und das alles verdichtet sich vor den Fenstern dieses Hauses.

40 Jahre lange hatte das Haus - zuerst unter jordanischer, dann unter israelischer Herrschaft - eine andere Funktion: Es war das einzige Krankenhaus für die arabischen Bewohner der Stadt. So kann es passieren, dass ein Mann oder eine Frau in den engen Gassen des Suk zu einem Bewohner des Österreichischen Hospizes sagt: "Wo Sie jetzt wohnen, bin ich geboren. Ich bin also sozusagen in Österreich geboren." Die Palästinenser vermissen dieses Spital, denn die medizinische Versorgung in der Altstadt ist äußerst mangelhaft. Gerade in den vergangenen Jahren der Intifada war Ostjerusalem immer wieder eingeschlossen, und kranken Menschen war es kaum möglich, das arabische Spital auf der anderen Seite, über dem Ölberg, zu erreichen.

Für das Haus waren die letzten Jahre nicht leicht, denn der Pilgerstrom war äußerst dünn geworden. Irgendwie hat man das bewältigt und den Betrieb trotzdem aufrechterhalten. Jetzt zeichnen sich bessere Zeiten ab, wenngleich in diesem komplizierten Land Voraussagen schwierig sind.

Ein neues Team hat vor kurzem die Leitung übernommen, der 29-jährige Markus Stephan Bugnyar wurde zum neuen Rektor des "Österreichischen Hospizes zur Heiligen Familie" ernannt. Der Burgenländer hat einige Jahre in Jerusalem Bibelwissenschaft und Archäologie studiert und zwei Studienaufenthalte in der Dormitio absolviert, der deutschen Benediktiner-Abtei auf dem Zionsberg. Einer davon, im September 2001, fiel mitten in die zweite Intifada. "Hätte ich nur diese zweite Erfahrung mit den täglichen Anschlägen gehabt, ich hätte es nicht gemacht, aber so hatte ich die Erfahrung von vorher und wusste, dass ein friedliches Zusammenleben der Menschen möglich ist. Das gab mir den Mut und die Hoffnung, dass es den Menschen möglich ist, diese Durststrecke des Krieges und der Feindschaft durchzuhalten und wieder zueinander zu finden."

Bugnyar versucht zu verhindern, dass das Österreichische Hospiz zu einem Fremdkörper in der Stadt wird. Er pflegt Kontakte zu allen Religionsgemeinschaften, vor allem aber zur vorwiegend muslimische Nachbarschaft. Immer wieder lädt er israelische Freunde ebenso wie den Scheich von nebenan und prominente arabische Bürger ein zu einer Melange samt dem täglich frischen Wiener Apfelstrudel oder einer Sachertorte.

Für alle offenes Refugium

In diesem Sinn arbeitet auch Sr. Martha Bertsch, die sich bei ihren Einkäufen und Besorgungen immer Zeit nimmt, um mit den Menschen in ein persönliches Gespräch zu kommen, was immer mehr Leute sehr schätzen. "Die anderen kommen nur um einzukaufen und mit Ihnen kann ich über meiner Probleme reden", habe kürzlich ein Geschäftsmann gesagt, erzählt sie: "Die Menschen, denen es in dieser angespannten Situation ja meist nicht sehr gut geht und die natürlich bei dem mageren Pilgerstrom wirtschaftliche Probleme haben, sind dankbar für jede Freundschaftsgeste. Das ist unsere Aufgabe: auf die Menschen zuzugehen und ihnen zu zeigen, dass unser Haus, dass die österreichische Gastfreundschaft dazu da ist, ihnen ein kleines Refugium zu geben."

Und dann gibt es noch Wilhelm Bruners. Bis Ende des Jahres leitet er noch die Bibelpastoral, dann läuft sein Dienst nach fast drei Jahrzehnten hier aus. Seit vielen Jahren eröffnet er den Menschen mit seinem unglaublichen Bibelwissen in Kursen, Meditationsgruppen und seinen "Heißen Bibelwochen" in der Wüste am Sinai einen neuen und lebensnahen Blick auf die Geschichte dieser Region und der Religion. "Ich habe einmal an einer solchen Veranstaltung teilgenommen. Das Spüren meines Glaubens hat sich dadurch völlig verwandelt und vertieft", erzählte eine Teilnehmerin. "Wilhelm Bruners und der Aufenthalt in diesem Haus haben mein Leben verändert." Sie ist kein Einzelfall. Man sollte es also vielleicht einmal versuchen mit dieser Adresse.

Österreichisches Hospiz

Via Dolorosa 37, POB 19600

91194 Jerusalem/Israel

Tel. +97 (2) 627 14 63

E-Mail : office@austrianhospice.com

www.austrianhospice.com

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