Schafft Musik bessere Menschen?

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Eigentlich ging es um den Hinduismus - bei der "Ouverture spirituelle" der Salzburger Festspiele standen heuer die beiden Extrem-Bilder vom riesigen Indien zur Diskussion: hier Kernland asiatischer Mystik und Lebenskunst, dort Welt-Zentrum von Massenelend und ökologischer Apokalypse.

Aber inmitten einer Diskussion über indische Spiritualität und Kunst gewann eine ganz andere Frage an Interesse: Macht uns Kunst, Musik vor allem, eigentlich zu besseren Menschen?

Nein, sagten die einen - im besten Fall erweitere sie unsere Emotionalität. Aber ja, sagte ein anderer prominenter Wissenschafter - und er berichtete von neuesten Erkenntnissen der Hirnforschung. Die waren so spannend, dass hier davon die Rede sein soll.

Konkret geht es um die Stadt Hof in Bayern, die sich zu einem besonderen musischen Biotop entwickelt hat - mit einer beispielhaft intensiven Musikerziehung, die auch in andere Unterrichtsfächer hinein verwoben wird. Genau dort haben Neurowissenschafter die Kompetenzen der Jugendlichen untersucht - und sie mit jenen von gleichaltrigen Schülern im traditionellen Bildungssystem verglichen. Die Ergebnisse waren sensationell.

Demnach bildet das Erlernen eines Musikinstruments und das gemeinsame Musizieren im Gehirn ganz spezifische Architekturen aus. Sie bewirken, wissenschaftlich nachweisbar, eine Vielzahl überdurchschnittlich starker geistiger, emotioneller und sozialer Fähigkeiten. Vor allem: mehr Achtsamkeit und Konzentration. Mehr Selbstvertrauen. Mehr Kooperation und Solidarität. Mehr Harmoniebewusstsein. Weniger Aggression, Egoismen und Ängste.

Das Andere als Aspekt des Eigenen

Fasziniert vom Gehörten, habe ich jetzt das Internet nach dem "Hofer Modell" durchforscht und die Belege der Experten gefunden. Demnach bewirkt das gemeinsame Musizieren - das Hinhören auf den anderen, die Erfahrung der Verbundenheit, die Einübung in die Komplexität usw. - tatsächlich "eine qualitative Veränderung des Bewusstseins, die sich in allen Lebensvollzügen als nützlich und heilsam erweist".

Besonders auffällig reagiere das Gehirn von Musikschülern auf Impulse von Freude und Trauer, aber auch auf Botschaften, die Sozialkompetenz, Gemeinnützigkeit und Fähigkeit zur Integration erfordern.

Denn: "Musizierende Menschen erfahren, dass sich die kreativen und beglückenden Impulse im Leben nicht dem Rückzug, sondern der Öffnung zu anderen und anderem verdanken; dass solches Anderssein nicht bedroht, sondern bereichert".

Und: "Weil damit das Andere ein Aspekt des Eigenen ist, kann der Mensch solidarisch sein -nicht unter Druck, sondern in spontaner Freiheit auf Grund eigenen Erlebens" - so heißt eine der Folgerungen, mit denen uns die Forschung beschenkt.

"Da müssten ja die Salzburger bessere Menschen sein", warf einer in die Diskussion hinein. "Zuhören allein ist zu wenig", sagte ein anderer

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