Schon wieder rechte Kundgebung auf dem Heldenplatz

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Haltet den Dieb! Letzte Woche konnte die x-te Wiederaufführung dieser so beliebten österreichischen Heimatposse erlebt werden. In ihr wird vom wahren Ereignis auf der Hauptbühne abgelenkt, und auf einer Nebenbühne finden Scheinauseinandersetzungen mit riesigem Getöse statt. Die Hauptbühne war diesmal die Neonazi-Demonstration auf dem Heldenplatz, die Nebenbühne (wenn der Nationalrat einmal so bezeichnet werden darf) die Auseinandersetzung um die Beteiligung des Abgeordneten Karl Öllinger von den Grünen an der Gegendemonstration. Die dabei gespielte Entrüstung wurde nur noch von der unglaubwürdigen Besetzung übertroffen.

Faktum ist, dass in Österreich Neonazis auf dem Heldenplatz demonstrieren. Faktum ist weiters, dass die dabei transportierten Inhalte, Zeichen und Symbole den Tatbestand der Wiederbetätigung erfüllen. Faktum ist drittens, dass Neonazis "Sieg Heil!" rufend durch die Kärntner Straße gezogen sind und die Polizei in Zivil dabei war ohne einzugreifen. Sind die Behörden da hilflos? In Weimar wurde eine Neonazi-Demonstration zu "Führers Geburtstag" von der Stadt verboten, das Verbot später vom Oberverwaltungsgericht Thüringens aufgehoben.

Und bei uns wird schon für den 8. Mai gerüstet. An diesem Tag wollen deutschnationale Studentenverbindungen mit dem "Ring Freiheitlicher Studenten" und anderen Organisationen eine Reihe von Veranstaltungen durchführen. Der Tag der Befreiung vom Naziterror wird für diese Gruppen zum "Heldengedenken" (Motto: "Selbstachtung statt Selbsthass") umfunktioniert. Am Abend ist eine Kundgebung geplant. Natürlich am Heldenplatz. Brigadier Wolfgang Jung, FP-Nationalratsabgeordneter, soll die "Totenrede" halten.

Damit ist auch der größere zeitliche Rahmen für die Trauerfeier am kommenden Sonntag für die "Spiegelgrund-Opfer" gegeben. Die zaghaften Bemühungen Österreichs, sich der Wahrheit und der Schuld der Vergangenheit zu stellen und die Verantwortung dafür zu übernehmen werden von den "Sieg Heil!"-Rufen übertönt. Es ist Zeit, die Zuständigen für die Politik in unserem Land, die sich derzeit hauptsächlich mit Zwischenrufen beschäftigen, an ihre Verantwortung zu erinnern.

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich.

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