Schritte zur Zivilisierung

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Schwierige Unterfangen haben ihn selten abgehalten. Und doch war die 101. Auslandsreise von Johannes Paul II., der Kurzbesuch in Banja Luka, beinahe eine Mission impossible. Aber der Pontifex, der für seine Kirche die "Reinigung des Gedächtnisses" ebenso unermüdlich einmahnt, wie er - allen Rückschlägen zum Trotz - an einer Brücke zur Orthodoxie baut, ließ sich einmal mehr nicht beirren.

In der Republika Srpska, der serbischen "Entität" Bosniens, ist für kroatische Katholiken das Leid des letzten Jahrzehnts immer noch greifbar: mehr als 230 zerstörte Kirchen, der Großteil der vertriebenen Katholiken nicht zurückgekehrt. Der Papst rief trotz dieser noch so frischen Wunden zur Versöhnung auf. Und ging - was kroatisch-katholische Nationalisten wenig freuen dürfte - auch auf die alten Wunden der anderen Seite ein: Einer der Schlächter des Ustascha-Regimes war Mönch jenes Klosters gewesen, bei dem der Papst nun den Gottesdienst feierte. Dass Johannes Paul II. auch die Schuld von "Söhnen der katholischen Kirche" benannte, gehört nicht nur zum Selbstverständnis des greisen Pontifex, sondern sollte in einer Kultur, die auch auf Erinnerung gebaut ist, selbstverständlich sein.

Entsprechende Würdigung kommt daher nicht nur den Papstworten in Banja Luka, sondern auch der jüngsten politischen Erklärung aus Prag zu, in der die Vertreibungen der Sudetendeutschen als "aus heutiger Sicht unannehmbar" bezeichnet werden. Endlich gibt es auch hier Bewegung: Wenn man in Österreich behutsam bleibt, gibt man Tschechien die Chance, an der Reinigung des eigenen Gedächtnisses weiter zu arbeiten.

Gemeinsames Fazit: Die Zumutungen der Prager Regierungserklärung an die eigene Bevölkerung sind ebenso wie die päpstlichen Zumutungen an die kroatischen Gläubigen Schritte zur Zivilisierung Europas.

otto.friedrich@furche.at

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