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Schrittweise Liturgiereform

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Die Erneuerung der Liturgie ist noch mitten auf dem Weg. Wie es das Konzil verlangte, soll die in der Geschichte des Gottesdienstes ohne Beispiel dastehende, umfassende Reform stufenweise eingeführt werden. Mit dem 29. Juni dieses Jahres trat die „Zweite Instruktion zur ordnungsgemäßen Durchführung der Konstitution über die heilige Liturgie“ in Kraft (die erste datiert vom 26. September 1964) und wird das gewohnte Bild der Liturgie in manchen Einzelheiten ändern.

Die neue Instruktion versteht sich als weiterer, aber zugleich ebenfalls vorläufigen Schritt, der einerseits durch bisherige Erfahrungen und Wünsche der Bischöfe ausgelöst wurde, anderseits aber die definitive Reform vorbereitet, soweit das unter Beibehaltung der jetzigen liturgischen Bücher möglich ist. Kritik von konservativer Seite, die keine Änderung wünscht, wie von fortschrittlicher, die mehr haben möchte, wird ihr daher kaum erspart bleiben.

Einleitend betont auch diese Instruktion die alleinige Kompetenz der kirchlichen Autorität zur Ordnung der Liturgie und begründet sie aus der Notwendigkeit des harmonischen Zusammenwirkens im Herrn in der Ortsgemeinde wie in der Gesamtkirche. „Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens“ (1 Kor. 14, 33). In den folgenden Darlegungen seien die wichtigsten Änderungen kurz vorgestellt.

Meßformulare und Meßritus

Bisher konnte man an Tagen mit zwei Heiligengedächtnissen gewöhnlich die Messe nur von einem (mit dem Rang III. Klasse) feiern, das andere wurde „komemoriert“ durch die Anfügung der Orationen an die des höherrangigen. Sowohl der Verzicht auf die besondere Messe als auch die Zweizahl der Orationen bildete einen spürbaren Mangel. Nun ist an die Stelle der Kommemoration die Möglichkeit getreten, das betreffende Meßformular ganz zu nehmen. Man kann daher zum Beispiel am 12. Juli die Messe entweder vom heiligen Johannes Gualbertus oder von den Märtyrern Nabor und Felix nehmen, es gibt aber keine Kommemoration mehr.

Manche Vereinfachungen des Meßritus fielen am 29. Juni sofort auf. Die liturgischen Ehrenbezeigungen wurden seltener und damit zugleich eindrucksvoller. Die Kniebeuge gibt es nur mehr beim Kommen und Weggehen vor einem Altar mit Tabernakel, in der Messe nur mehr nach (nicht aber vor) der Erhebung von Hostie und Kelch bei der Wandlung, nach der Schlußdoxologie des Kanons, vor der Kommunion und nach dem Zurückstellen übriggebliebener Hostien in den Tabernakel. Der Altarkuß, der sich im Spätmittelalter zu immer größerer Häufigkeit entwickelte und in dieser Hypertrophie ins Missale Pius' V. einging, soll durch die Beschränkung auf Beginn (nach dem Stufengebet beziehungsweise Gang zum Altar) und Schluß der Messe (vor Segen und Entlassung) wieder als Begrüßung des Christus symbolisierenden Altars erkennbar werden. Auch das heilige Kreuzzeichen wird sparsamer, aber ehrfürchtiger angewandt.

Demselben Anliegen dienen weitere Vereinfachungen im Kanon: Er wird ohne besondere Zeremonien einfach mit ausgebreiteten Händen begonnen. Daumen und Zeigefinger brauchen nach der Wandlung nicht mehr geschlossen zu bleiben, Die bei der Konzelebration gesungenen Teile des Kanons kann man in jedem Amt singen. In Meßfeiern mit dem Volk darf der ganze Kanon mit vernehmlicher Stimme vorgetragen werden. Die Hostie liegt während des ganzen Sakramentsteiles der Messe (Offertorium bis Kommunion) auf der Patene, diese wird nicht mehr unter das Korporale geschoben.

Besser, aber noch nicht ideal ist die Brotbrechung geordnet. Sie geschieht nicht während des Embo-lismus, sondern erst nach ihm. Man darf erwarten, daß die definitive Reform die Brotbrechung wieder mit dem Gesang des Agnus Dei, das ursprünglich ihr Begleitgesang war, verbindet, wie es die auch in Österreich gefeierte Passauer Liturgie noch im 15. Jahrhundert tat

Beim Kommunionritus wird nun aus den beiden verschiedenen Riten von Priesterkommunion und Gläubigenkommunion eine gemeinsame Teilnahme am Opfermahl. Zuerst zeigt der Priester die gebrochene große Hostie während des gemeinsamen dreimaligen „Herr, ich bin nicht würdig“, dann kommuniziert er, zum Altar gewendet, zuerst selbst und teilt dann sogleich den Gläubigen die Kommunion aus.

Nach der Kommunion ist heiliges Schweigen oder ein gemeinsames Lob- und Danklied (oder beides) für Priester und Gemeinde vorgesehen. Dieser Ausklang soll einem ver-innerlichten, fruchtbringenden Kommunionempfang dienen. Zugleich ist das vielfach übliche Schlußlied an den rechten Ort gerückt. Erst nach Schweigen oder Lied spricht der Priester das Schlußgebet.

Neu geregelt ist auch der Schluß der Messe, bei dem bisher die Inkonsequenz störte, daß nach dem Entlassungsruf „Ite missa est“ noch Gebete standen. Dieser Ruf ist nun das letzte und beschließt wirklich die Versammlung. Nach dem Schlußgebet küßt der Priester den Altar, spricht dann „Dominus vobiscum“, den Segen und das „Ite missa est“ und verläßt den Altar. Etwaige Ankündigungen können gleich nach dem Schlußgebet vor Segen und Entlassung geschehen. Es gibt nun auch keine besondere Form des Schlußteils in Totenmessen mehr, auch sie schließen mit Segen und Entlassung.

Die schwarze Farbe bei der Totenliturgie hat den Mangel, daß sie nur die Trauer, nicht aber den Glauben an die Auferstehung, die große Hoffnung des Christen, aussagt. Die Instruktion erlaubt nun allgemein den Ersatz der schwarzen Paramente durch violette. Die Bischofskonferenzen können noch weiter gehen und auch eine andere Farbe gestatten, „die der Eigenart eines Volkes entspricht und sowohl der menschlichen Trauer Rechnung trägt als auch die vom österlichen Mysterium verklärte christliche Hoffnung ausdrückt“ (Art. 23). Vielleicht würde man diesem Wunsch am besten gerecht, wenn man die' schwarze beziehungsweise violette Farbe beim Begrabnis, die österliche weiße aber schon bei der Totenmesse nähme, da die Messe immer ein festliches und österliches Geschehen ist. Den älteren Lesern sind wohl die früher an vielen Orten nach dem Begräbnis in weißer Farbe gefeierten „Lobämter“ noch in Erinnerung, die etwa aus demselben Anliegen kamen (Meßformular von Maria Himmelfahrt im Mittelalter).

Erweiterte Verwendung der Volkssprache

Gleich nach der Veröffentlichung der Liturgiekonstitution äußerten manche, auch österreichische Litur-giker (zum Beispiel Joseph Ernst Mayer auf dem liturgischen Kongreß in Mainz), den Wunsch nach der Volkssprache bei allen lauten Liturgieteilen. Nun ist es soweit. Die Bischofskonferenzen können auch für den Meßkanon mit den Wandlungsworten), den gesamten Ritus der Weihen und für die Lesungen des Breviergebetes die Volkssprache beschließen. Der Hergang ist wie bei den bisherigen Beschlüssen für die Volkssprache: Beschluß der Bischofskonferenz mit Zweidrittelmehrheit in geheimer Abstimmung (bereits erfolgt). Bestätigung von Beschluß und volkssprachlichem Text durch den römischen Liturgierat, dann erst Einführung in die Praxis. Dieser lange Amtsweg verlangt Geduld. Es ist zudem eine für den lauten Vortrag und das Singen geeignete deutsche Fassung des Kanons erst zu erarbeiten. Eine aus Deutschland, der Schweiz und Österreich beschickte Kommission bereitet sie gemeinsam vor.

Ausblick

Die „Zweite Instruktion“ will die endgültige Liturgie im Geiste des Zweiten Vatikanums nur vorbereiten, es steht für sie noch viel Arbeit bevor. Der römische „Rat zur Durchführung der Konstitution über die heilige Liturgie“ hat neben dem Ordo Missae auch bereits drei neue Formulare von Hochgebeten, die als Variante neben den bisherigen römischen Kanon treten, und neue Präfa-tionen erstellt. Diese vielleicht schon bald verfügbaren Texte werden ers1 die markanteste Errungenschaft dei „Zweiten Instruktion“^ das deutsche Hochgebet, in ihrer ganzen Bedeutung zeigen, denn der heutige Kanon ist mit manchen inhaltlichen Mängeln behaftet und für tägliches Sprechen einfach zu lang. Diesen kommenden Reformen will diese Instruktion im Sinne einer allmählichen und organischen Entwicklung den Boden bereiten.

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