Schweigen der Intellektuellen

Werbung
Werbung
Werbung

Dieses Jahr steht kirchlicherseits im Zeichen des Dialogs für Österreich. Jetzt schon läßt sich sagen: der Dialog läuft schlecht. Er hat eine schlechte Presse und kommt nicht recht vom Fleck. Warum? Und kann man zu diesem späten Zeitpunkt noch etwas dagegen tun?

Ein Grund ist natürlich, daß in dem ganzen Unternehmen von Anfang an der Wurm der Unwahrhaftigkeit gesteckt ist. Die tiefe Spaltung der österreichischen Kirche rund um das Kirchenvolks-Begehren - der eigentliche Anlaß für die Ausrufung des Dialogs - wird im Grundtext nicht erwähnt. Nicht, daß Zölibat und Frauenpriestertum die einzig diskutierenswerten Themen auf der Welt wären. Aber wenn das kontroverseste Thema gar nicht erst auf den Tisch kommt, kann es niemanden wundern, wenn viele den ganzen Dialog nicht ernst nehmen, trotz der vielen guten Gedanken - etwa zu sozialen Fragen -, die darin angeschnitten wurden.

Der andere Grund für den flauen Verlauf der Diskussion ist freilich die Zurückhaltung der christlichen Intellektuellen. Was sie der Öffentlichkeit bisher geboten haben - die Theologen an den Fakultäten eingeschlossen - war wenig bis gar nichts. In einer Zeit, die viele mit der Epoche der Reformation und Gegenreformation vergleichen, könnte man meinen, daß es an Stoff für spannende Debatten nicht fehlt. Und auch die Fragen und Thesen der Kirchenvolks-Begehrer haben es verdient, ernsthafter und differenzierter diskutiert zu werden als es bisher geschehen ist.

Die Öffentlichkeit, auch die sogenannte katholische Öffentlichkeit, hat sich daran gewöhnt, wie gebannt auf die Bischöfe zu schauen und von ihnen die einzig relevanten Aussagen zu erwarten. Die Sager des Bischofs Krenn bilden dann jeweils die Höhepunkte der Auseinandersetzung, vor kurzem auch der Brief des Bischofs Stecher. Aber hat denn sonst niemand etwas zu sagen? Es ist auch im profanen Leben eine schlechte Tradition der österreichischen Universitätsleute, sich in ihren Seminaren zu vergraben und - anders als etwa in Frankreich oder England - am öffentlichen Diskurs nicht teilzunehmen. Die Theologen machen da keine Ausnahme.

Noch ist Zeit für einen echten Dialog. Wenn niemand sie nützt, soll sich nachher auch niemand beklagen, daß beim Dialog für Österreich nichts herausgekommen ist.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung