Sehr wenig Hoffnung in New York

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Die Stuttgarter Zeitung analysiert die Ausgangslage der Vollversammlung der UNO, neue Lösungsansätze für die aktuellen Konfliktherde zu finden.

Kurz vor dem UN-Jahrestreffen der Großen der Weltpolitik brachte es Generalsekretär Ban Ki-moon auf den Punkt: Die Menschheit durchlebe ‚tumultartige Zeiten‘. In der Tat: der Beginn der 67. Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York steht ganz im Zeichen von Krisen und Konflikten - vom Umbruch in Ägypten bis hin zum Blutvergießen in Syrien. Heute treffen sich 120 Staats- und Regierungschefs zur Aussprache in der Vollversammlung, der sogenannten Generaldebatte. ‚Bei der diesjährigen Generaldebatte werden wir so viel zu tun haben wie bei kaum einer anderen Generaldebatte zuvor‘, stimmt UN-Chef Ban die Präsidenten und Premierminister ein.

Die Mächtigen der Welt müssen sich mit einem Katalog brennender Probleme befassen: Neben den Konflikten beherrschen die Dauerthemen Armut, Krankheit und Klimawandel die Agenda. Doch Diplomaten dämpfen die Erwartungen: die UN-Vollversammlung kann keine völkerrechtlich bindenden Beschlüsse fassen. ‚Wir werden wohl kaum Lösungen für auch nur eine der Herausforderungen finden‘, heißt es aus Teilnehmerkreisen.

Das gilt vor allem für den Bürgerkrieg in Syrien. Seit März 2011 kamen rund 20 000 Menschen ums Leben, mehr als eine Million Männer, Frauen und Kinder flüchteten vor der Gewalt. Die UNO jedoch schaut hilflos zu. Zwar werden Redner in der Vollversammlung mit ernster Miene das Terrorregime des Präsidenten Baschar al-Assad anprangern. Und es wird erwartet, dass der internationale Syriensondergesandte Lakhdar Brahimi einen Friedensplan vorlegt.

Das Sterben in Syrien

Doch auch nachdem der letzte Politiker abgereist sein wird, dürfte das Sterben weitergehen. Die Beratungen im UN-Sicherheitsrat zu Syrien in der kommenden Woche werden dem geschundenen syrischen Volk keine Hoffnung bringen. ‚Der Sicherheitsrat ist immer noch gespalten, die Vetomächte Russland und China verhindern weiter ein entschiedenes Vorgehen gegen Assad‘, erläutert ein Unterhändler.Die Gewaltwelle in der muslimischen Welt wird auch Zündstoff bergen. Politiker aus Ländern mit muslimischer Bevölkerung kündigten an, das Schmähvideo über den Propheten Mohammed zur Sprache zu bringen. ‚

Der Westen und der Islam

Der Westen hat die Islamophobie nicht als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt‘, klagt der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan. Die Türkei will mit anderen muslimischen Staaten ein Vorgehen der UN gegen Islamfeindlichkeit verlangen.

Aufgeladen ist auch der Konflikt zwischen Israel und dem Iran - ein möglicher Angriff Israels auf die Atomanlagen Teherans hält die UN schon lange in Atem. Diplomaten fürchten, dass Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad und Israels Premier Benjamin Netanjahu in ihren Reden vor der Vollversammlung die Feindseligkeiten weiter anheizen. Israels Regierungschef machte bereits klar, er wolle vor dem Plenum die ‚Wahrheit‘ aussprechen, ‚über das Terrorregime des Iran, das die größte Bedrohung des Weltfriedens‘ darstelle.

Auch der Streit um unbewohnte Inseln zwischen China und Japan dürfte in New Yor hochkochen. Japans Premierminister Yoshihiko Noda will bei der Vollversammlung die Ansprüche Tokios auf die Felsengruppe bekräftigen - und damit die Führung in Peking weiter gegen Japan aufbringen. Angesichts der jüngsten Krisen droht eine Reihe lang anhaltender Konflikte wie in Afghanistan und der Demokratischen Republik Kongo kaum die nötige Beachtung zu finden.

* Aus Stuttgarter Zeitung, 25. September 2012

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