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Sendung im Burgenland

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Cum Christo et in ecclesia — mit diesen Worten interpretierte Bischof Dr. Stefan Laszlö vor dem Klerus des Burgenlandes die Ergebnisse der ersten Diözesansynode. Damit ist das Grundanliegen formuliert, das sich die Synodalarbeit zum Ziel setzte. Gewiß ging es auch darum, bisher geltendes Recht, das eine Vielzahl von Einzelverordnungen umfaßte, neu zu kodifizieren; die Elemente und die Stoßrichtung einer zeitgemäßen Seelsorge in den Blick zu bekommen und die Laienarbeit in das kirchliche Leben einzubauen. Aber diese Teilaspekte, die zwar in das Gesamtwollen der Synode wesentlich hineingehören, bezeichnen noch nicht das eigentliche und grundliegende Anliegen, ‘um das in jahrelanger Arbeit ernstlich gerungen wurde.

Das „Cum Christo et in ecclesia" will tiefer verstanden werden, als die Teilziele der Synode zunächst erkennen lassen. Es ging um eine behutsame und überlegte Prüfung der bisherigen Pastoralmethoden. der Wortverkündigung und der Gottesdienstfeier, um einige Aufgabengebiete zu nennen, wobei der Maßstab, der angelegt wurde — und dies muß vor allem vermerkt werden — die Erkenntnisse der Christologie und der Ekklesiologie unserer Zeit waren. Die fruchtbare Entwicklung der Kirchentheologie der letzten Jahrzehnte als Ausdruck eines neuen Erwachens Christi und der Kirche in den Getauften sollte auf diese Weise in der neuen Synode ihren Niederschlag finden.

Damit ist jeder Fehlinterpretation der Synode, etwa in der Richtung einer modernen Neuerungssucht auf dem Gebiete der Pastoral ein deutlicher Riegel vorgeschoben. Die Bemühungen der Synode waren weit davon entfernt, auf das bisherige Seelsorgesystem ein zeitgemäßeres aufzutragen, upd ( ifses, bloß weil es neu ist, als ein wirksameres zd proklamieren; vielmehr sollten die notwendige Reform der Pastoralmethoden, die Einbeziehung der Pastoralsoziologie und das Laienapostolat im fundamentalen und bleibenden Mysterium Christi und der Kirche ihre Verankerung finden.

Darum empfiehlt die Synode den Seelsorgern nicht nur soziologische Untersuchungen, soziographische Bestandsaufnahmen und die Anwendung zeitgemäßer Methoden, sondern auch das eifrige Studium aller Heilswahrheiten, wie sie heute das kirchliche Lehramt darbietet, vor allem der Enzykliken „Mystici Corporis“ und „Mediator Dei“. Zur Überwindung von zwei Extremen wollte die Synode einen Beitrag leisten und davor die Seelsorger warnen: einerseits vor der Gefahr, sich mit der Verkündigung der überzeitlichen Heilswahrheiten zu begnügen und andererseits vor einem groben Pragmatismus, der meint, die zeitgemäßen Methoden allein verbürgen die Lebendigkeit des kirchlichen

Lebens. Das Bestreben der Synode war, beide Anliegen zu kombinieren, indem sie eine Rückbesinnung auf die zeitlose Heilsbotschaft Christi forderte, zugleich aber auch klarstellte, daß diese infolge des geistigen, sozialen und kulturgeschichtlichen Gestaltwandels der Gegenwart im Raum der Diözese neu angeeignet und den Getauften dargeboten werden muß.

Da sich die Synode zum Ziel setzte, den durch die innerkirchlichen Erneuerungsbestrebungen der letzten Jahre erprobten Normen im neuen Diözesanrecht ein rechtliches Fundament zu geben, mußten gerade jene Inhalte der Offenbarung herausgestellt werden, die eine Antwort geben auf die Krise des Glaubenslebens des einzelnen wie auch auf die verschiedenen Nöte der kirchlichen Gemeinschaft im Diözesangebiet. So waren also die gewandelten Verhältnisse im Burgenland der Anlaß zur Rückbesinnung auf das Mysterium und zur Erarbeitung zeitgemäßer Methoden.

In diesem Sinn schenkte die Synode der Stellung des Priesters in der christlichen Gemeinde, der Laienhilfe für die Seelsorge, der Glaubensunterweisung bei den Erwachsenen, der Milieuseelsorge in ihren verschiedenen Differenzierungen, der Pfarr- soziologie, der Caritas, der lebendigen und liturgischen Gottesdienstfeier, der offiziellen Katholischen Aktion und den Agenden des Dechanten besonderes Augenmerk. Die umfangreiche Materie der Synode wurde in 15 Referaten dargelegt und in 15 Kapiteln mit 528 Canones in das erste Diözesanrecht aufgenommen. Eine Behandlung der verschiedenen Einzelprobleme der Synode würde über den Rahmen dieses Beitrages weit hinausgehen. Es soll aber versucht werden, auf einige Komponenten, die der Synode das Gepräge gaben und von Aktualität sind, näher einzugehen. W

Glauben ohne Behausung

Immer mehr hat es auch die Kirche des Burgenlandes mit Menschen zu tun, die nicht mehr an die überlieferte bäuerlich-dörfliche Form der Religiosität und des Kirchenstils gebunden sind. Die Jugend kommt infolge des Umbruchs in der Landwirtschaft und durch die Pendlerexistenz in unmittelbaren Kontakt mit der modernen Kultur und lebt dadurch vielfach in einer ganz anders gearteten geistigen Atmosphäre, als das früher der Fall war. Aber das trifft auch weithin für die Generation zwischen 25 und 40 zu, die auf dem Höhepunkt der Lebenserwartung steht. Diese Generation wird in den nächsten Jahren das Bild des Landes wesentlich mitformen und mitgestalten.

Ein Teil dieser vorherrschenden sozialen Schicht konnte durch vermehrte Anstrengungen der Seel sorge und der Katholischen Aktion neu im kirchlichen Leben verwurzelt werden. Ein Großteil steht aber an der Peripherie des Lebens und entfremdet durch die Pendlerexistenz, die die Bindung an die herkömmliche Pfarr- struktur lockert, der pfarrlichen Gemeinschaft, die im Zeichen des Umbruchs und der Erneuerung steht. Wohl ist der Glaube beim traditionellen und dorfgebundenen Kirchenvolk noch sehr stark, aber er äußert sich vielfach in Formen, die nicht mehr auf die Gesamtheit der Getauften hin tradiert werden können. Dies deswegen, weil die Verhältnisse sich tiefgreifend geändert haben und die Fragestellungen der jungen Generation nicht mehr „mittelalterliche“ Problematik auf weisen. Durch das neue Weltbild und den Wandel der Einstellung des Menschen zur Welt des Geschöpf liehen sind die neuauftauchenden Probleme typisch „neuzeitlich“ strukturiert.

Dahinter verbirgt sich eine echte Glaubensnot, die im seelsorglichen Bereich eine neue Diagnose erfordert und nach einer Therapie ruft, die an der ewigen Wahrheit, aber ebenso an den geistigen Problemen des modernen Menschen orientiert ist. Die Kirche kann an dieser Tatsache nicht vorübergehen. So hart und bitter es sein mag, einen Strukturumbau des Glaubens bei den Kirchengetreuen vorzunehmen und sich außerdem noch auf die unbewältigten geistigen Probleme des modernen Menschen und der technischen Kultur einzustellen, so muß die Kirche doch dem Kairos ihrer Sendung gerecht werden. Sie kann nicht anders, als sich für ein Engagement im Heute zu entschließen, selbst auf die Gefahr hin, keine endgültig erprobten R :zepte zur Hand zu haben. In keinem Kirchengebiet Österreichs haben sich in den letzten Jahren so überraschende Umwandlungen vollzogen wie in der Diözese Eisenstadt. Es wäre verhängnisvoll, wollte man sich von diesen Erscheinungen nicht stören lassen oder sie mit dem Hinweis abtun, es handle sich um vorübergehende Wachstumerscheinungen, die alsbald wieder abklingen werden. Wie die Ergebnisse der Diözesansynode zeigen, haben sich die kirchlichen Instanzen der Diözese diese Meinung nicht zu eigen gemacht.

Priesterliches Vorbild

Dies kann an Hand einiger Beispiele nachgewiesen werden. Die aktive Betätigung in einer politischen Partei wird jedem Priester mit der Begründung untersagt, daß der Seelsorger als Vater der Pfarrgemeinde allen Gläubigen zugewandt sein muß. Als vornehme und wesentliche Lebensaufgabe schärft die Synode den Priestern immer wieder die Seelsorge ein. Weiter wird den Pfarrern die Vita communis mit den Kaplänen in Hinkunft zur Pflicht gemacht und überhaupt den Priestern untereinander das religiöse Gespräch dringend nahegelegt. Das „Sentire cum ecclesia“ findet Anwendung auch auf die priesterliche Existenz. Dieses wird neben dem seelsorglichen Eifer als eine Grundvoraussetzung für eine fruchtbare Seelsorge postuliert.

Es fehlen auch nicht konkrete Anweisungen für die Pastoral. Zeitgemäß im Sinn der Synode ist die Pastoral, wenn sie s t a r k m ü t i g auf die Anliegen und Forderungen der Zeit eingeht, die besondere geistige Situation des Menschen in unserer Zeit e i n- sichtig berücksichtigt und der soziologischen Struktur des Kirchengebietes in kluger Weise Rechnung trägt. Da9 Laienapostolat und die Katholische Aktion sind für die Gegenwart und Zukunft der Kirche von so entscheidender Bedeutung, daß über ihre Notwendigkeit und Berechtigung nicht mehr diskutiert wird.

Die Bestimmungen über die religiöse Unterweisung der Erwachsenen wollen in dieser Frage eine feste und klare Ordnung schaffen und die religiöse Unterweisung dem Lebensrhythmus unserer Zeit anpassen. Für die Erwachsenen werden Möglichkeiten zur ständigen Weiterbildung verlangt, damit allmählich aus den kirchentreuen Katholiken ein mündiger und selbständiger Diasporachrist herangeformt werde, der heute für die Kirche zu einer Existenzfrage in der pluralistischen Gesellschaft geworden ist. In erster Linie soll dem apostolisch tätigen Laien eine intensive religiöse Unterweisung zukommen, damit sein Frömmigkeitsleben vertieft werde uiid er auf diese Weise seine Sendung im Hinblick auf die Conse- cratio mundi erfüllen kann.

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