
Slowakei: Zwischen Putin und Conchita
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine zwingt christliche Konservative in der Slowakei zu einer Standortbestimmung.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine zwingt christliche Konservative in der Slowakei zu einer Standortbestimmung.
Dass sich Ján Čarnogurský, mittlerweile 78, vom Dissidenten im Kommunismus zum Dissidenten in der freien Slowakischen Republik gewandelt hat, war bekannt. Als Vorsitzender der „Slowakisch-Russischen Gesellschaft“ und als Mitglied des Putin-nahen „Waldai-Klubs“ kam der ehemalige Ministerpräsident zwei Tage vor Kriegsbeginn im öffentlich-rechtlichen Sender RTVS zu Wort, um die russische Position zu vertreten. Dass Čarnogurský durchwegs Argumente vorbrachte, mit denen Putin den Überfall auf die Ukraine rechtfertigt, hatte wütende Reaktionen zur Folge. Insbesondere distanzierte sich die seit 2016 als außerparlamentarische Opposition agierende „Christdemokratische Bewegung“ (KDH) von ihrem Mitbegründer und langjährigen Vorsitzenden.
In der derzeitigen Regierungskoalition ist es die „Christliche Union“ (KU) der KDH-Dissidentin Anna Záborská (73), die unablässig die konservativen Kernanliegen vorantreibt. Selbst in der größten Regierungspartei, den „Gewöhnlichen Bürgern und Unabhängigen Persönlichkeiten“ (OĽaNO), auf deren Ticket sie ins Parlament gekommen ist, hat sie aber einen schweren Stand. Die Abtreibungsgesetze zu verschärfen, ist ihr bisher nicht gelungen; nur mit unerwarteter Schützenhilfe konnte sie kürzlich einen Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe zu Fall bringen.
Persönlich von Čarnogurský enttäuscht, zeigte sich sein einstiger Mitstreiter František Mikloško (74). Zusammen hatten beide die Kerzendemonstration am Karfreitag 1988 mitgestaltet, das slowakische Vorspiel zur Revolution ein Jahr später. Zehn Jahre lang Klubobmann der KDH, trat Mikloško später so wie Ján Čarnogurský aus der Partei aus, zog sich aber nicht aus der Politik zurück, sondern gründete die „Konservativ-Demokratische Partei der Slowakei“ (KDS) und kandidierte dreimal für das Amt des Staatsoberhauptes, alles freilich erfolglos.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!
