Soll ein Papst seine Vorgänger heiligsprechen?

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Unter den fünf Seligen, die Papst Franziskus am 14. Oktober heiligsprechen wird, findet sich auch einer seiner Vorgänger, der 1978 verstorbene Paul VI. Damit sind bereits vier Päpste des 20. Jahrhunderts zur Ehre der Altäre erhoben. Das ist problematisch: Ein römischer Pontifex erklärt zum einen hier seine Vorgänger zu Heiligen. Allein aus der Perspektive der Institution wirkt es befremdlich, wenn der Chef die früheren Chefs buchstäblich "in den Himmel lobt". Dazu kommt, dass in all diese Heiligsprechungen jede Menge Kirchenpolitik einfließt. Das mag generell ein Problem der Praxis von Heiligsprechungen sein. Aber die päpstlichen Heiligen sind immer auch ein Statement über die Kirche: Pius X. war als päpstlicher Antimodernist ein Symbol für die Vergangenheitszugewandtheit der katholischen Kirche. Johannes XXIII. stand dagegen fürs Aufmachen in die entgegengesetzte Richtung. Und der Pontifikat Johannes Pauls II., der seit 2015 "heilig" ist, ist noch so nah, dass vieles -etwa sein gelinde gesagt zögerlicher Umgang mit Missbrauchstätern (die Fälle Groër und Maciel als Beispiele dafür) - noch aufzuarbeiten wäre. Auch Paul VI. stand in der Kritik bei den Konservativen ob der Liturgiereform, bei den Konzilsbewegten u. a. wegen des Verbots künstlicher Empfängnisverhütung. Die "politische" Dimension der Bewertung seines Pontifikats (wie aller heiligen Päpste des 20. Jahrhunderts) kann längst nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Das hat mit persönlicher Frömmigkeit, ja Heiligkeit, zu der jeder Christ berufen ist, nichts zu tun -und soll im Einzelfall auch nicht bestritten werden. Aber Päpste sind eben nicht nur als individuelle Persönlichkeiten zu bewerten. Die Heiligsprechung von Päpsten durch einen ihrer Nachfolger sollte eine seltene Ausnahme sein.

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