Sorgender Wegbereiter

19451960198020002020

Vieles an Person und Denken des am 25. August verstorbenen Johannes Dantine war auch für die katholische Kirche wichtig.

19451960198020002020

Vieles an Person und Denken des am 25. August verstorbenen Johannes Dantine war auch für die katholische Kirche wichtig.

Werbung
Werbung
Werbung

Der Tod von Oberkirchenrat Johannes Dantine hat uns alle zutiefst schockiert. Wir wußten von seinem Krebsleiden, aber er selbst wollte noch nicht aufgeben. In meinem Kalender stehen mehrere Termine für gemeinsame Zusammenarbeit in den kommenden Wochen.

Dantine war Systematischer Theologe und doch sehr sensibel für die Vorgänge in der sich ändernden Gesellschaft. Christsein bedeutete für ihn weder Flucht aus dieser Welt, noch billige Anpassung. Er wußte, daß gerade gelebter Glaube sich im Engagement für diese Welt erweisen müsse. So dachte er "politisch", hat uns aber immer wieder gemahnt, "theologisch" zu bleiben, also von Gott her unser Tun zu planen.

Direkt habe ich mit Oberkirchenrat Dantine in Fragen der Erwachsenenbildung und des Religionsunterrichtes zusammengearbeitet. Solange ich noch Schulbischof war, haben wir gemeinsam die neuen Herausforderungen des Religionsunterrichtes erörtert, und wie er sich noch besser in das Gesamtbildungsprogramm der Schule integrieren lasse.

Im Hinblick auf die Lehrplanreform in der österreichischen Schule haben wir, so glaube ich, voneinander manches gelernt.

Dantine war für mich immer eine Schlüsselfigur der Ökumene. Er litt darunter (wie übrigens auch viele Katholiken), daß vieles zu langsam geht. Angst - die auf beiden Seiten da ist -, man könne durch zu viel Ökumene die eigene Identität gefährden, hat er nie gekannt. Es ging ihm um die gemeinsame Herausforderung aller Christen angesichts der bedrohenden Probleme in Gesellschaft und Welt. Ja, weltweit hat er gedacht, wie seine Tätigkeit auf internationaler Ebene immer wieder zeigte. Der römisch-katholischen Kirche gegenüber habe ich ihn in den letzten Jahren auch als einen sehr besorgten Beobachter mancher Vorgänge erlebt. Vielleicht ist es eine besonders schöne Frucht der Ökumene hier im Lande, daß wir Schwierigkeiten, gar Fehler bei den "anderen" nicht mehr selbstgefällig registrieren, sondern leidvoll mittragen, weil wir Christen insgesamt dadurch unglaubwürdig werden.

Neben dem scharf denkenden Theologen und dem wachen Zeitgenossen habe ich in Johannes Dantine auch den tiefgläubigen Menschen erlebt. Beim schmerzlichen Verlust seiner Gattin vor zwei Jahren wurde er uns zum Beispiel bewegender Gattenliebe, bei der Begräbnisfeier aber strahlte etwas vom unbesiegbaren Auferstehungsglauben durch. In seiner eigenen, todbringenden Krankheit wollte er bis zuletzt Dienst und Denken nicht aufgeben. Schließlich hat er sich - vermutlich bei einer der letzten Abendmahlfeiern - im Todesleiden Christi geborgen gefühlt, den Gott ja nicht im Tode ließ, sondern für uns alle auferweckte.

Mit Johannes Dantine haben wir einen der profiliertesten Wegbereiter der Ökumene verloren. Die katholische Kirche aber trauert über einen kritischen und doch zutiefst sorgenvollen Gesprächspartner und Wegbegleiter.

Weihbischof Helmut Krätzl ist in der Österreichischen Bischofskonferenz gemeinsam mit Kardinal Schönborn für die Ökumene zuständig.

Wacher Christ Johannes Dantine, 1938 in Oberösterreich geboren, studierte evangelische Theologie in Wien, Basel, Göttingen, Lausanne und Paris. 1966-91 war er Pfarrer in Wien-Gumpendorf. An der Universität Wien lehrte er Systematische Theologie. 1990 wurde er zum Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B. gewählt. Er war auch stv. Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich.

Noch am Vortag des Todes verfaßte er seine letzte Kolumne für die Furche. In unserer Zeitung stellte Johannes Dantine das "evangelische Profil" dar. Das Andenken an ihn umfaßt für die Furche insbesondere die Verpflichtung zu wachem und engagiertem Christsein. ofri

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung