Stammzellenforschung: Replik auf H. Schüllers Anfrage

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Helmut Schüller hat vorige Woche an dieser Stelle eine Anfrage an Ulrich Körtner gerichtet und mit einem Aufruf zur Diskussion zwischen den Kirchen verbunden. Es geht um die Stammzellenforschung, ein Thema, an dem - je länger, je mehr - die unterschiedlichen Argumentationen der Kirchen in ethischen Fragen erkennbar werden.

Die evangelischen Kirchen Österreichs haben im Herbst eine ausführliche und differenzierte Stellungnahme zum Problem beschlossen. Es ist auf www.evang.at leicht möglich, die dort aus evangelischer Tradition und Überzeugung gespeiste Argumentation nachzulesen. Dieser Hinweis scheint notwendig, weil Schüllers Kommentar auch so verstanden werden könnte, als beziehe die römisch-katholische Kirche eine Grundposition, die zwar vielleicht unrealistisch ist, die aber den prophetischen Auftrag der Kirche besser bewahrt als die Position der evangelischen Kirchen, die sich womöglich dadurch kompromittiert, dass sie ein Stück des Weges mit den Befürwortern der Stammzellenforschung mitgeht und sich dabei mehr nach Mehrheiten als nach Grundsätzlichem und der Wahrheit richtet. Gründlicher könnten die Differenz zwischen katholischer Naturrechtslehre und protestantischer Ethik auf der Basis von Verantwortung, Menschenwürde und Freiheit des Individuums und die aus ihr erfließenden Begründungen ethischer Urteile nicht missverstanden werden.

"Aus evangelischer Sicht erscheint nicht das pauschale Forschungsverbot als die angemessene Antwort, sondern das Bemühen um Differenzierung und Handlungsalternativen." Mit diesem Satz schließen neun der namhaftesten evangelischen Ethiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ihren Gesprächsbeitrag zur Debatte. Sie schreiben, das Gemeinsame der Konfessionen ist nicht eine einheitliche Antwort, sondern die Tatsache, dass in ethischen Fragen auf der gemeinsamen Basis von Grundüberzeugungen eben unterschiedliche Antworten möglich sind, die zur Wahrnehmung der geforderten Verantwortung befähigen. Das bezieht sich auf die innerevangelische Debatte ebenso wie auf das Gespräch zwischen den Kirchen. Der Text trägt den programmatischen Titel: "Starre Fronten überwinden".

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich.

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