Streichung des Wortes "Ehrenamt"

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Wie man jemanden adressiert, definiert den Horizont, in dem man ihn wahrnimmt, bestimmt das Verhältnis, das man zu ihm einnimmt, und richtet die Handlung aus, die man ihm gegenüber vornimmt. Mitglieder des Volkes Gottes als "Ehrenamtliche" zu bezeichnen, bedeutet, sie im Horizont der Differenz von entlohnter Professionalität und unbezahlter Nicht-Professionalität wahrzunehmen. Nun gibt es diese Differenz und sie ist wichtig. Aber warum wurde sie einer der vorherrschenden Adressierungs- und Wahrnehmungshorizonte von Menschen innerhalb der Kirche?

Natürlich besitzt das eine gewisse Logik: Für Profis sind alle anderen eben zuerst einmal Nicht-Profis und so nennen sie diese dann auch. Die Hauptamtlichen stehen ihnen gegenwärtig in einer merkwürdigen Mischung aus Überlegenheit und Abhängigkeit gegenüber. Denn einerseits liegen Geld, Institutions-und Definitionsmacht weiterhin ziemlich weitgehend in Händen der Profis, andererseits treten die "Ehrenamtlichen" ihrer Kirche weit selbstbewusster und kalkulierender gegenüber als in früheren Zeiten.

Die Werbung um "Ehrenamtliche" steht da im Verdacht, der Versuch zu sein, das alte kirchliche Dispositiv in Zeiten seines strukturellen Niedergangs noch ein wenig aufrecht zu erhalten. Die "Ehrenamtlichen" sind nun aber nicht zuerst "Ehrenamtliche", sie sind vielmehr von Gott berufene Mitglieder des Volkes Gottes und "des priesterlichen, prophetischen und königlichen Amtes auf ihre Weise teilhaftig"(LG 31). Deswegen mein Vorschlag: Streichen Sie den Begriff "Ehrenamt" doch einmal für ein Jahr versuchsweise aus Ihrem Wortschatz. Und schauen Sie, was passiert. Vielleicht ja: Entdeckungen. Diese Überlegungen habe ich vor Kurzem im Internetfeuilleton feinschwarz.net veröffentlicht. Die Resonanz war enorm. Offenkundig lauert da ein Problem.

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