Tanzend um das Selbst

Werbung
Werbung
Werbung

Wie schön, dass der Pauschalknüppel im Sack verharrt - und das 505 Seiten lang. Allzu leicht hätte er in diesem Buch gezückt werden können gegen die Verfechter wie auch Verächter der Therapiegesellschaft, die selbst nur selten um Totschlagargumente verlegen sind. Einer jener Verächter heißt George Carey und ist Erzbischof von Canterbury: "Wenn psychotherapeutische Techniken als Antwort auf die tiefsten Sehnsüchte der Menschen betrachtet werden, wird ein neuer Götzendienst eingeführt.", warnte er. Ist ein solcher "Tanz um das Goldene Selbst" tatsächlich unvereinbar mit dem Gemeinwohlprinzip der katholischen Soziallehre? Der Grazer katholische Theologe und Ethiker Kurt Remele wagt eine erstmalige Zusammenschau dieser vermeintlichen Antagonismen - und kommt nach einer Tour d'Horizon durch Kommunitarismus, Psychokultur und Gemeinwohl-begriff zu einem erfreulichen Ergebnis: Die Suche nach dem Ich und das offene Ohr für die Anderen schließen sich nicht aus, sondern verstärken sich. Das Ziel heißt solidarische Selbstverwirklichung und personenbezogenes Gemeinwohl.

In seiner Analyse begnügt sich der ausgebildete Gesprächspsychotherapeut Remele nicht mit dem Einholen neuester (vor allem angloamerikanischer) Literatur, sondern lässt auch Beispiele sprechen. Ein Umstand, der diese Habilitationsschrift nicht nur zu einem persönlichen Gewinn für Interessierte und Betroffene, sondern auch - selten genug - lesbar macht. DH

TANZ UM DAS GOLDENE SELBST? Therapiegesellschaft, Selbstverwirklichung und Gemeinwohl. Von Kurt Remele. Theologie im kulturellen Dialog 9 Verlag Styria, Graz/Wien/Köln 2001 505 Seiten, TB, öS 298,-/e 21,-

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung