Theologie auch außerhalb der Universitäten gelehrt

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Die Theologischen Kurse sind 75 Jahre alt. Das Angebot an theologischer Bildung wird heute weiterhin von vielen genutzt - trotz abnehmender Kirchlichkeit im Land.

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Die Theologischen Kurse sind 75 Jahre alt. Das Angebot an theologischer Bildung wird heute weiterhin von vielen genutzt - trotz abnehmender Kirchlichkeit im Land.

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Eine Institution sind die "Theo logischen Kurse" zweifellos. Das älteste kontinuierliche Angebot außeruniversitärer Theologischer Bildung in Österreich feiert sein 75-Jahr-Jubiläum. Mit einem Festakt, Festgottesdienst und einem Symposium am 25./26. September in Wien sowie mit Feiern zu unterschiedlichen Terminen in den Bundesländern (Näheres siehe Tipp unten rechts) wird das Jubeljahr begangen.

Mitten in der Not des Krieges

Die Zahl 75 verbirgt eigentlich ein wenig die Brisanz des Anfangs, denn nicht etwa der Umbruch des Konzils stand am Anfang, auch nicht Wiederaufbauzeit nach 1945, sondern mitten im Zweiten Weltkrieg wurde das Projekt angedacht und verwirklicht. Im Jahr 1940 beauftragte Kardinal Theodor Innitzer eine Frau - auch das damals ungewöhnlich -ein "Theologisches Laienjahr" zu konzipieren.

Margarethe Schmid (1914-97) stand an der Wiege des Projekts. Der damalige Wiener Seelsorgeamtsleiter Karl Rudolf sowie die Studentenseelsorger Karl Strobl und Otto Mauer waren die priesterlichen Spiritus Rectores des Unterfangens. In einer Zeit gerade geistiger und geistlicher Not galt es, Neues zu wagen. Wegen der Auflösung Theologischer Fakultäten durch die Nationalsozialisten verbrachten auch Theologen wie Karl Rahner die Kriegsjahre in Wien.

"Obwohl für die Kurse keine öffentliche Werbung betrieben werden konnte, nahmen durchschnittlich 40 Personen daran teil." So beschreibt die Publizistin Ingeborg Schödl die Anfänge in ihrem Lebensbild Margarethe Schmids, das sich im Band "Gottes starke Töchter"(1998) findet.

In der als theologische Standortbestimmung beachtlichen Jubiläumsausgabe von Theologie aktuell, der Zeitschrift der Theologischen Kurse, ist auch ein Text von Margarethe Schmid nachgedruckt, in dem sie ihre Geschichte mit den Theologischen Kursen, die sie bis 1980 leitete, kurzweilig und beeindruckend erzählt. Daneben finden sich in Theologie aktuell auch Darstellungen und Refexionen zu Theologie an sich sowie zu den einzelnen theologischen Fächern.

Heute sprechen die Theologischen Kurse jährlich etwa 330 Einsteiger(inn)en an, etwa 130 Absolvent(inn)en der Kurse zählt die Statistik. Für Erhard Lesacher ist diese -stabile -Beteiligung erfreulich. Denn, so der derzeitige Leiter der Theologischen Kurse, in Zeiten eines Exodus' aus der katholischen Kirche weiterhin so viele Menschen ansprechen zu können, sei ein schöner Erfolg.

Theologische Erwachsenenbildung

Zielgruppe der Theologischen Kurse ist nach den Worten Lesachers das "katholische Kernpublikum" - Menschen, die sich pfarrlich engagieren oder eine tiefere Reflexion ihres Glaubens suchen. Im Allgemeinen sind die Kurse ein Angebot an theologischer Erwachsenenbildung und nicht primär auf eine Ausbildung hin ausgerichtet, erklärt Lesacher. Lediglich für den ehrenamtlichen Diakonat oder auch manche pastorale Tätigkeiten wie Krankenhausseelsorge stellt die Absolvierung der Kurse eine Voraussetzung dar.

Etwa 80 Prozent der Teilnehmer, schätzt Lesacher, besuchen die Kurse für ihre eigene theologische Grundbildung. In Wien finden die Theologischen Kurse als Präsenzkurs statt, vor allem für Interessierte außerhalb Wiens gibt es den Fernkurs, der als Fernstudien mit regelmäßigen Studienwochen oder alternativ dazu Studienwochenenden angeboten wird.

Seit mehr als zehn Jahren veranstalten die Theologischen Kurse auch "Spezialkurse", etwa ein Dutzend in Wien und je einen in jeder Diözese. Diese boomen. Lesacher: "Das Interesse für Kurse zum Judentum oder zum Islam oder über die Ostkirchen ist ungebrochen groß." Auch Themenfelder aus der Bibel oder der Spiritualität fänden Zuspruch, nicht zuletztgibt es Spezialkurse über Kunst und Kultur. Dieses Angebot ist niederschwelliger konzipiert und spricht, sagt Lesacher, ein breiteres Publikum an als die Theologischen Kurse an sich an. In Wien gibt es zusätzlich noch thematische Vortragsabende und Symposien.

Der Leiter weist darauf hin, dass man grundsätzlich weder katholisch, noch gläubig noch ein Christ sein muss, um an den Kursen teilnehmen zu können: Natürlich gebe es nur vereinzelt Teilnehmer, die nicht katholisch sind. Aber von Zweifelnden, die aus der Kirche austreten wollten und sich vorher noch durch Teilnahme an den Kursen vergewissern wollten, ob diese Entscheidungen richtig war, weiß Lesacher auch zu berichten.

Ein "erstaunliches Unwissen"

Das Publikum ist nach den Worten Lesachers nicht einer der innerkirchlichen Strömungen zuzuordnen - es gebe Reformfreudige ebenso wie andere, die einem traditionellen Glaubensbild anhängen. Grundsätzlich ortet der Leiter der Theologischen Kurse ein "erstaunliches Unwissen" über die theologischen Zusammenhängen und den diesbezüglichen Stand der Forschung. Nach Beispielen gefragt führt Lesacher etwa die Auslegung der Schöpfungserzählung oder die Evolutionsdebatte an. Und obwohl das II. Vatikanum bereits vor 50 Jahren stattgefunden hat, seien die theologischen Grundlagen des Konzils immer noch nicht so verbreitet, wie es wünschenswert wäre.

Auch nach 75 Jahren haben die Theologischen Kurse somit längst nicht ausgedient.

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