Tor zum Islam nicht zuschlagen

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Behält Samuel Huntington mit dem "Kampf der Kulturen" recht? Die täglichen Nachrichten sprechen scheinbar dafür. Gegen die Macht der entsetzlichen Bilder aus dem Irak ist die Stimme derer, die gerade jetzt für Verständigung und Dialog eintreten, leise. In der öffentlichen Diskussion hierzulande fällt auf, dass zunehmend antiislamische Vorurteile kolportiert werden. Europa - so heißt es - wird zu einer Provinz des Islam werden, denn das Christentum ist schwach und hohl und die Europäer werden ohnedies in absehbarer Zeit aussterben. Dagegen steht der offensive Islam - der immer irgendwie mit Terror zu tun hat - und die hohe Geburtenrate bei den Muslimen. In wenigen Jahrzehnten könnte Europa mehrheitlich muslimisch sein. Die Klischees erinnern an den Antisemitismus des frühen 20. Jahrhunderts.

Im Verhältnis von Europa und Islam kommt der Frage nach dem EU-Beitritt der Türkei eine entscheidende Bedeutung zu. Im Dezember des heurigen Jahres wird die EU über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei entscheiden.

Mehr oder weniger geschlossene Ablehnung signalisieren nun die heimischen Spitzenkandidaten für die kommende Wahl zum Europaparlament. Das ist besonders bei denen verwunderlich, die bisher als Beitrittsbefürworter aufgetreten sind. Wohl aus wahltaktischen Gründen rudern sie zurück. In der Kunst, eine ordentliche öffentliche Diskussion zu verhindern, ist Österreich einfach unschlagbar.

Auch wenn der Beitritt selbst noch rund 20 Jahre auf sich warten lassen wird, wäre mit der Aufnahme von Verhandlungen heute schon ein wichtiges Signal gesetzt. Es stünde auch für den Willen dafür, Samuel Huntington und dem "Kampf der Kulturen" nicht Recht zu geben. Die Türkei gilt als das "Tor zum Islam". Europa sollte es nicht zuschlagen.

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.

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