TRIGA Mark II – Österreichs einziger Reaktor

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Im Prater blühen nicht nur bald wieder die Bäume, hier glühen auch die Teilchen. Im Atominstitut der TU Wien befindet sich nämlich Österreichs einziger Kernreaktor. Sein Name: TRIGA Mark II (kurz für: Training, Research, Isotope Production, General Atomic). Hört sich Furcht einflößend an, ist aber ganz harmlos, wie Tieftemperaturphysiker Harald Weber glaubhaft versichert. „Der Reaktor ist so konzipiert, dass er sich bei steigender Temperatur von selbst abschaltet.“ Eine Kernschmelze ist damit ausgeschlossen.

Im Reaktorkern befinden sich die 80 Brennelemente. Als Brennstoff kommt ein Gemisch aus Uran, Wasserstoff und Zirkon zum Einsatz. Bei maximaler Leistung beträgt die Temperatur etwa 200 Grad. Die Wärme wird über zwei Kühlkreisläufe an den nahen Donaukanal abgegeben. Die Anlage dient Forschung und Ausbildung. Zu mehr wäre sie mit 250 Kilowatt Leistung (im Dauerbetrieb, gepulst sind kurzzeitig 250 Megawatt möglich) kaum imstande.

Eine der bedeutendsten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die mit Hilfe des Reaktors gewonnen wurden, gelang 1974 Helmut Rauch. Er wies die Neutroneninterferometrie, also den Welle-Teilchen-Dualismus für Neutronen nach. Darauf basiert heute eine wichtige Messmethode in der Quantenphysik.

Fast 1000 Diplomarbeiten und Dissertationen wurden am Wiener Atominstitut geschrieben, eine davon übrigens von Anton Zeilinger. Das Praktikum am Reaktor gilt als eine der beliebtesten Lehrveranstaltungen des Physikstudiums. Zu den Forschungsschwerpunkten zählen Fragestellungen aus den Grundlagen der Teilchenphysik. Daneben lassen Organisationen, wie die internationale Atomenergiebehörde, hier ihre Waffeninspektoren ausbilden, Atomkraftwerksbetreiber ihr Personal. Ein anderer Verwendungszweck sind Materialuntersuchungen.

Beschuss mit Neutronen

Dafür wird die Probe unter das zentrale Bestrahlungsrohr gelegt und einem Neutronenbeschuss ausgesetzt. Auf diese Weise kann man in 80 Stunden einen Verschleiß simulieren, der 20 Jahren natürlichem Einsatz entspricht. Auch Bauteile des künftigen Fusionsreaktors ITER lagen hier schon unter der Neutronenkanone. Nicht zuletzt bringt der Forschungsreaktor Geld ins Haus. So konnten in den vergangenen zehn Jahren 15 Millionen Euro an Drittmittel für reaktornahe Projekte eingeworben werden. Seit 48 Jahren tut der Reaktor seinen Dienst. Ende Jänner feierten die Physiker seinen zehntausendsten Betriebstag. Zum alten Eisen gehört er trotzdem nicht. „Wegen der geringen Leistung wird nur sehr wenig Brennstoff verbraucht“, sagt Harald Weber. „Wir verwenden zum Großteil noch Brennelemente von 1962.“ Deutlich kurzlebiger ist die Steuerung. Heuer wird die vierte Generation davon installiert.

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