Schon der Titel kann als prophetische Ansage gelten: "Freude und Hoffnung - Gaudium et spes“ sowie "Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art“ seien auch "Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi“. Die im Dezember 1965 von den Konzilsvätern des II. Vatikanums angenommene Pastoralkonstitution "Gaudium et spes“ über die Kirche in der Welt von heute gehört zu den zentralen Texten des Konzils und erwies sich als eine der am heftigsten diskutierten Dokumente - insgesamt acht Textfassungen dauerte es, bis die Bischöfe dem Dokument zustimmten. Als bahnbrechend gilt das Dokument, weil es im Gegensatz zur bisherigen, oft als defensiv empfundenen "katholischen“ Weltsicht ein positives Verhältnis zur modernen Welt postuliert und von daher auf die Probleme der Menschen eingeht.
Neben vielen anderen Aspekten von "Gaudium et spes“ sendet dessen 5. Kapitel über den Frieden eine markante Botschaft aus, die jedenfalls im Ansatz eine Ächtung des Krieges sowie des Rüstungswettlaufs enthält, wobei zur Verurteilung von Letzerem sich das Dokument nicht mit letzer Klarheit durchringen konnte.
Botschaft für Frieden und Gewissensfreiheit
Allerdings äußert sich "Gaudium et Spes“ eindeutig anerkennend zu einer Ethik der Gewaltlosigkeit aus biblischem Geist heraus. Die Konzeption eines "gerechten Krieges“ scheint nach diesem Dokument obsolet, und die wesentlichen päpstlichen Lehrschreiben seit dem Konzil haben dies wie schon die letzte Enzyklika Johannes XXIII., "Pacem in terris“ (1963) eindeutig bekräftigt. Auch darauf, nur einem Befehl gehorcht zu haben, kann sich nach den Aussagen von "Gaudium et spes“ niemand mehr berufen.
Neben den Aktivitäten der Friedensbewegung (vgl. das Interview mit Hildegard Goss-Mayr, oben) kam bei den Beratungen in der Konzilsaula auch das Zeugnis des oberösterreichischen Bauern Franz Jägerstätter als Beispiel für eine legitime, aus dem Glauben begründete Wehrdienstverweigerung zur Sprache: Der emeritierte Erzbischof von Bombay, der englische Jesuit Thomas Roberts, würdigte dort Jägerstätters Zeugnis des Gewissens.
Jägerstätter mag als typisches Beispiel dafür gelten, dass das II. Vatikanum eine Umkehr im Denken eingeleitet hat, dass es aber noch Jahrzehnte dauerte, bis dies letztlich konkret manifest wurde: Franz Jägerstätter, der 1943 bei Berlin wegen Wehrkraftzersetzung hingerichtet worden war, wurde erst 2007 von Benedikt XVI. als Märtyrer anerkannt und im gleichen Jahr seliggesprochen. Immerhin ist Jägerstätter der erste christliche Märtyrer, der wegen seiner Gewisssensentscheidung und nicht wegen Glaubensverfolgung als solcher zur Ehre der Altäre erhoben wurde. Der österreichische Selige gilt dadurch aber auch als Zeuge der Veränderungen durchs II. Vatikanische Konzil.