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Über Initiative der Grünen soll das Parlament kurz vor Schluß dieser Legislaturperiode verurteilten Deserteuren der deutschen Wehrmacht Gerechtigkeit widerfahren lassen. Der Vorschlag, eine parlamentarische Kommission zur Rehabilitierung von Deserteuren einzurichten, hat in Österreich seltsame Reaktionen ausgelöst. "Bestürzt" zeigt sich der Präsident des Kameradschaftsbundes, Otto Keimel, der sich nicht scheut, regelmäßig am "Ulrichsbergtreffen" in Kärnten aufzutreten. Daß er sich von dortigen Auslassungen Jörg Haiders distanzierte, wurde nicht bekannt, hingegen fürchtet er jetzt, die Wehrmacht, "jener Teil, der sich seiner Aufgabe nicht entzogen habe", werde durch die geplante Rehabilitierung diskriminiert. Der Sprecher der Offiziersgesellschaft, Oberst Herbert Bauer, warnt gar vor einer "Umkehr der Werte": "Natürlich bedeutet das keinen Umsturz der bestehenden Rechtsordnung. Es wird damit aber in Frage gestellt, wie sich der Soldat künftig verhält." Wie sich der Soldat künftig verhält, ob er sich wieder in die Pflichterfüllung, in die Einhaltung seines Eides flüchtet oder ob er bei einem kommenden Konflikt sein Gewissen und die Menschenrechte höher hält als alle Eide und alle soldatischen Pflichten, genau das ist die Frage, die manche gar nicht so Ehemaligen, sondern ganz Heutigen offenbar immer noch nicht begriffen haben. Der Streit um die Benennung österreichischer Kasernen, um Entfernung und Anbringung von Gedenktafeln hat lange genug ein übles Licht darauf geworfen, was manche unter Traditionspflege verstehen und welche Traditionen in diesem Heer keineswegs gepflegt werden.

Die österreichischen Katholiken haben mit Franz Jägerstätter einen Märtyrer der Nicht-Pflichterfüllung vorzuweisen. Gegen den Antrag auf Seligsprechung intervenierte der Kameradschaftsbund beim Linzer Bischof. Erst vor einigen Jahren hat seine Witwe eine Pension erhalten. Bis dahin galt er als ganz gewöhnlicher Verbrecher, bis dahin galten also die Wertungen der NS-Zeit. Höchste Zeit, daß hier eine "Umkehr der Werte" vorgenommen wird.

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