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Wie weit darf man sich im Namen der Kommunismusbekämpfung nach rechts hinauslehnen? Diese Frage muss man sich als Beobachter der derzeitigen ungarischen Innenpolitik stellen. Zudem als ein Beobachter, der selber seine Wurzeln im Land der Orbáns und Gyurcsánys hat, aber in Österreich aufgewachsen ist. Die Begriffe "rechts" und "links" beginnen dabei zu verschwimmen; auch wenn man bedenkt, dass ein österreichischer "Linker" häufig rechtsextreme und faschistische Gefahr abzuwenden trachtet und ein ungarischer "Rechtskonservativer" meist eine Wiedererrichtung der kommunistischen Diktatur befürchtet.

Der Bogen kann dabei aber auch überspannt werden: Hierzulande geht man bei Wörtern wie "Heimat" oder "Patriotismus" etwas auf Distanz. Gerade in postkommunistischen Ländern aber genießen diese Begriffe große Popularität.

Wenn Bücher in Ungarn zirkulieren - und auch mit Interesse rezipiert werden -, die die These zu untermauern versuchen, Jesus sei gar kein Jude, sondern Ungar gewesen, kann man darüber noch schmunzeln. Ist es aber "linksliberale" Übersensibilität, wenn man es bedenklich findet, dass Witze über Konzentrationslager und Gaskammern salonfähig sind? Wenn in der Wochenzeitung eines "rechts-konservativen" Politikers "verbotene" Bücher beworben werden, die endlich mit "diesem Irrtum" aufräumen wollen und von deren Buchdeckeln Gesichter mit Hakennase hämisch grinsen und wenn in "unabhängigen konservativen" und "bürgerlichen" Zeitungen Antisemitismus mehr oder weniger verborgen zutage tritt, dann hat das mit gesundem Patriotismus nichts mehr zu tun.

Durch die jüngsten politischen Geschehnisse (das Lügengeständnis von Ministerpräsident Gyurcsány und dessen Folgen) und das 50-Jahr Jubiläum des Ungarn-Aufstands dürften Gesinnte dieser Art sich begünstigt fühlen - und sie finden immer mehr Unterstützung in der Bevölkerung, wobei das (rechts-)konservative Lager es verabsäumt, sich gegen Rechtsradikale und offenen Antisemitismus abzugrenzen. So läuft man Gefahr, dass die Erinnerung an die Auflehnung gegen ein totalitäres, menschenverachtendes Regime heute parteipolitisch missbraucht und in ein falsches Licht gerückt wird.

Gábor Fonyad-Joo

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