Untrügliches Zeichen kirchlichen Strukturwandels

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S ie haben das Land urbar gemacht. Noch heute geben die großen Stifte im „Klösterreich“ Zeugnis davon. Sie übernahmen über lange Zeiträume einen Gutteil der Bildungsarbeit und der Krankenpflege: Ordensfrauen und Ordensmänner. Insbesondere im 19. Jahrhundert schossen Ordensgründungen im Bildungs- und Sozialbereich aus dem Boden. Davon kann anno 2010 keine Rede mehr sein.

Auch wenn heute 20 Prozent der Spitalsbetten im Lande in Ordenskrankenhäusern stehen, so findet man in den einzelnen Häusern nur mehr wenige Ordensangehörige: Es wird versucht, den Geist der Gründer(innen) zu bewahren, aber es sind angestellte Laien, die die Arbeit tun. Ähnliches gilt für die Schulen, von denen die meisten von Trägervereinen geführt werden, in denen die geistlichen Brüder und Schwestern gleichfalls in der Minderzahl sind. Dem entgegen frequentieren zurzeit etwa 65.000 Schüler/innen die weitgehend auf Ordenstraditionen fußenden katholischen Schulen (was die derzeit bekannt gewordenen, im Allgemeinen Jahre zurückliegenden Missbrauchsvorfälle für diese Bildungsinstitutionen bedeuten, lässt sich noch kaum absehen).

Zwischen Abbruch und Aufbruch

Der Ordensnachwuchs ist jedenfalls dünn gesät. Speziell bei den Frauenorden zeigt sich dies in besonderer Weise: Knapp 4700 Ordensfrauen in 554 Niederlassungen weist die Statistik für 2009 aus, nur 214 davon waren unter 40, dagegen mehr als 3300 über 65 Jahre alt. In 10 Jahren ist die Zahl der Schwestern österreichweit um 22 Prozent gesunken. Der Strukturwandel, den diese Zahlen widerspiegeln, ist unübersehbar. Bei den Ordensmännern ist der Rückgang vergleichsweise weniger dramatisch – von 1998 bis 2008 nahm die Zahl der Ordenspriester um 13 Prozent ab. Ende 2008 gab es österreichweit 2200 Mönche in 85 Ordensgemeinschaften, davon etwa 1700 Priester. Letztere sind – auch das ist ein Zeichen des kirchlichen Strukturwandels – immer mehr in der Seelsorge tätig. In der Erzdiözese Wien werden mittlerweile fast die Hälfte der Pfarren von Ordenspriestern betreut, obwohl die Pfarrseelsorge ursprünglich nicht zu den Kerncharismen der Orden gehörte.

Und ein scheinbar gegenläufiger Trend: Allein in der Erzdiözese Wien siedelten sich in den letzten Jahren mehr als 20 neue Ordensgemeinschaften an – oft (noch) kleine Gruppen mit besonderer Spiritualität. Aber auch die „alten“ Orden bauten zuletzt vermehrt auf ihre Kernkompetenz – geistliche Begleitung, spirituelle Wegweisung, derer auch säkulare Zeitgenossen bedürfen. (ofri)

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