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Neulich sagte mir einer, er müsse in seinem letzten Leben sehr brav gewesen sein, weil es ihm in diesem so gut gehe, und bekannte sich damit, ohne es zu wissen, zum Hinduismus. Auch Buddhismus und Jainismus lehren einen Kreislauf der Geburten, der erst beendet werde, wenn der Mensch Befreiung von allem erlangt habe, was ihn an das Vergängliche binde. Aber nur nach hinduistischem Verständnis ist dieser Kreislauf ein langer Läuterungsweg, bei dem die individuelle Seele viele Existenzen durchleben muss und dabei unter dem Gesetz der Vergeltung aller guten und bösen Taten steht. Im Gegensatz dazu lehrt der Buddhismus keine Wiedergeburt der individuellen Seele, sondern das Hervorwachsen eines neuen Wesens aus dem Karma des Dahingeschiedenen.

"Und wie kamen Sie zum Hinduismus?", frage ich also respektvoll. "Wie kommen Sie darauf?" Er ist empört. "Ich bin doch kein Hinduist!" - "Buddhist?" Könnte ja sein, dass ich was falsch verstanden habe. "Gottgläubig", sagt er mit dem Brustton der Überzeugung. "Aber das Christentum kennt keine Seelenwanderung", werfe ich ein und sage ihm das, was ich da gerade geschrieben habe. "Mein Gott, sind Sie ein i-Tüpferl-Reiter", will er die Diskussion beenden. "Aber das ist doch eine existenzielle Frage", lasse ich nicht locker, "ob ich noch einmal leben oder mich in einem einzigen Leben bewähren muss. Und außerdem will ich nicht ins Nirvana, sondern zur unmittelbaren, ewigen Gottesschau - in den Himmel, wie man landläufig sagt." - "In dem Sinn", das ist sein letztes Wort, "glaube ich an gar nichts." Und er wendet sich Wichtigerem zu.

Da gebieten Vernunft und zweitausendjährige abendländische Erfahrung doch lieber katholisch zu bleiben.

Der Autor ist Wissenschaftlicher Direktor der Joanneum Research Forschungsgesellschaft in Graz.

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