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Der St. Pöltner Bischof Kurt Krenn ist nicht zum ersten Mal kirchenpolitisch totgesagt.

Einen Paukenschlag habe Rom gesetzt, indem es den Vorarlberger Bischof Klaus Küng als Apostolischen Visitator nach St. Pölten schickte: So der Tenor öffentlicher Wahrnehmung der Causa Prima der katholischen Kirche. Kurt Krenn also entmachtet oder, wie das immer wieder auch als Krenn-Sprachrohr fungierende News titelte: "Krenn am Ende"? Doch sein ein paar Tage währendes Schweigen beendete der St. Pöltner Bischof flugs wieder: Er wünsche sich "a Rua, aber zum Arbeiten - net zum dumm Schaun", richtete er via "Zeit im Bild" aus, und in den Oberösterreichischen Nachrichten teilte er mit, dass er keineswegs entmachtet sei; wenn Kardinal Schönborn anderes behaupte, "dann kennt er sich nicht aus".

Kurt Krenn, wie er leibt und lebt, wie eh und je - und nicht zum ersten Mal kirchenpolitisch totgesagt. Man mag sich in den letzten Wochen gefreut haben, dass der Mainstream der heimischen Bischöfe, allen voran Kardinal Schönborn, endlich auch öffentlich zu klaren Worten gegen den störenden und störrischen Amtsbruder gefunden hat. Auch dass Rom in der Causa eine ungewöhnliche und ungewöhnlich schnell eingeleitete Aktivität setzte, konnte als Silberstreif am Horizont verstanden werden.

Doch man erinnert sich beispielsweise ans Jahr 1998, als Kurt Krenn auch schon endgültig im Eck schien, und er mit - kaum verhohlen auf Kardinal Schönborn gemünzten - Sprüchen wie "die Lügner sollen das Maul halten" zeigte, dass er nicht kleinzukriegen war.

Wie weit die von Rom eingeschlagene Methode der "Apostolischen Visitation" durch den Vorarlberger Bischof Klaus Küng Krenn zur Räson bringen wird, wird erst in einiger Zeit zu beurteilen sein. Man darf aber doch hoffen, dass die innerkirchlicheStrategie dazu besser geplant ist als vor sechs Jahren.

Wer geglaubt hatte, dass sich Österreichs katholische Kirche langsam (und auf niedrigerem Niveau) ohne den Abgang Kurt Krenns konsolidieren kann, wurde dieser Tage wieder einmal eines Besseren belehrt. Auch das machen die konkreten St. Pöltner Affären erneut klar.

Krenns Ära ist in St. Pölten durch eine Strategie der verbrannten Erde gekennzeichnet. Ein Panoptikum ultrakonservativer Sondergruppen hat er in seinem Einflussbereich tatkräftig und nachhaltig festgesetzt: Wenn anderswo im deutschen Sprachraum Gruppen, auch Ordensgemeinschaften, wegen radikalkonservativen bis fundamentalistischen Starrsinns nicht mehr tragbar waren: in Krenns Reich gab es - und gibt es für sie Platz in Hülle und Fülle. Die Misere rund ums diözesane Priesterseminar ist da nur ein Symptom für solche Entwicklung. Die Substanz der Diözese St. Pölten ist durch all diese Vorgänge zutiefst bedroht. Man muss keine Kassandra sein, um sich die innerkirchlichen Aufräumarbeiten im St. Pölten nach Krenn auszumalen.

Österreichs Katholiken können sich aber nicht täuschen lassen: Ein Abgang Kurt Krenns ist eine Conditio sine qua non für eine wieder erfreulichere Kirchenentwicklung in Österreich. Aber die kirchenpolitisch einseitige Ausrichtung und bischöfliche Unterstützung von einflussreichen Sondergruppen gibt es ja nicht nur in St. Pölten: Dass Europas erster Opus-Dei-Bischof Klaus Küng zum Visitator St. Pöltens eingesetzt wurde, kann als strategischer Schachzug interpretiert werden (Krenn werde sich einem ideologisch Nahestehenden eher gewogen zeigen als einem aus dem gemäßigteren Kirchenlager...). Mit gleichem Recht kann der Beobachter aber aus Küngs Bestellung ableiten, dass sich am grundsätzliche Kirchenkurs, den Krenn halt besonders rabiat durchsetzt, nichts ändern soll.

Letztlich wird Österreichs Katholizismus aber erst dann seine Frischzellenkur angehen können, wenn sich die Kirchenleitung aus moderaten integrationsfähigen Bischöfen (am besten einer Mischung aus gemäßigt Konservativen und maßvoll Liberalen) zusammensetzt. Diese Kur ist dringlich, will die Kirche hierzulande überleben. Nur ein Beispiel dazu: Die Dramatik des Priestermangels wird sonst ungeahnte Dimensionen annehmen. Die derzeitige, schon katastrophale Nachwuchslage ist bestenfalls ein müdes Vorgeplänkel dazu.

otto.friedrich@furche.at

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