Verbreitete Vorurteile

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In Österreich hielt sich die katholische Amtskirche in der Diskussion nach dem US-Terror zurück. Umso mehr redete der Grazer Bischof Egon Kapellari in der "Kleinen Zeitung" über das Verhältnis zum Islam Klartext*): Der Islam sei im Grunde eine "sehr radikale Religion", es gebe dort "begrenzte Toleranz". Angesichts der Behandlung von Christen in manchen islamischen Ländern sei "Reziprozität" einzufordern. Christen, so Kapellari, müssten mehr Identität zeigen, denn der Islam achte "keine ausgelaugte Gesellschaft".

Nicht nur in der gegenwärtigen Diskussion um den Islam ist die zitierte Sprache mehr als befremdlich: Es hilft wenig weiter, die Muslime grundsätzlich ins radikale Eck zu stellen. Verbreitete Vorurteile werden nicht besser, wenn sie aus bischöflichem Mund kommen.

Natürlich ist Blauäugigkeit nicht angesagt. Natürlich müssen Christen sich um die Christen in islamischen Ländern sorgen. Dazu ist aber auch den westlichen Playern der Weltpolitik einiges vor Augen zu führen: Saudi-Arabien - mindestens in Sachen Religionsfreiheit ein finsteres Regime - gehört derzeit zu den ganz und gar "Guten", Pakistan, das noch dazu Atomwaffen besitzt, und wo die Christen in großer Gefahr sind, ebenso. Durch die geforderte "Reziprozität" (gemeint: Kirchen in der islamischen Welt für Moscheen im Westen) wird nichts gelöst. Und auch der Wunsch nach mehr "Identität" der Christen ist einmal mehr das Beispiel einer vormodernen Strategie in einer wichtigen Auseinandersetzung.

Es ist noch keine 150 Jahre her, dass Papst Pius IX. im "Syllabus" alles verurteilte, was heute als "Religionsfreiheit" und "Demokratie" selbstverständlich ist; es sind noch keine 40 Jahre vergangen, seit die katholische Kirche auf dem II. Vatikanum sich von dieser Weltsicht verabschiedet hat. Man kann sich ausmalen, was geschehen wäre, hätte der Katholizimus dieser Zeit eine (welt)politische Größe dargestellt ...

Mit solchem Wissen und dem unbedingten Willen zum Dialog sollten Christen an den Islam herangehen. Gott sei Dank ist auch der gegenwärtige Papst - zuletzt geäußert auf seiner Kasachstan-Reise*) - von der Notwendigkeit dieses Dialogs überzeugt.

*) Zusammenfassung der Islam-Aussagen des Papstes und Bischof Kapellaris unter "Ökumene" auf Seite 9 dieser furche.

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