Verfrühte Spekulationen

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Keine der großen Glaubensgemeinschaften wird so deutlich durch eine einzige Persönlichkeit repräsentiert wie die römisch-katholische Kirche durch den Papst. Insofern bedeutet die Ernennung von 37 neuen Kardinälen (siehe auch Seite 6) durch Johannes Paul II. beim Konsistorium am 21. Februar eine bedeutsame Weichenstellung für die Zukunft, denn die wichtigste Aufgabe der Kardinäle ist die Papstwahl.

178 Kardinäle bedeuten eine neue Rekordzahl, 128 davon sind mit Stichtag 22. Februar zur Papstwahl berechtigt, womit der Papst das bisher gültige Limit von 120 Papstwählern (wie schon beim letzten Konsistorium von 1998) überschritten hat. Egal, wann das Konklave zusammentritt, das den nächsten Bischof von Rom zu wählen hat, es trägt die Handschrift Karol Wojtylas: Nur noch zehn der wahlberechtigten Kardinäle stammen nicht aus seiner Ära, und auch von diesen stehen einige, etwa der oberste Glaubenshüter Joseph Ratzinger, seinem Kurs sehr nahe.

Im Kardinalskollegium leicht gestiegen ist der Anteil der Lateinamerikaner, vor allem aber der Europäer, und hier auch der Italiener, unter denen man jetzt wieder am ehesten den nächsten Papst vermutet. Und die römische Kurie, stets eher der Hort der Konservativen, hat nun viel mehr Gewicht als 1998: 33 statt 27 Prozent. Der Altersdurchschnitt im Kollegium ist hoch, der Österreicher Christoph Schönborn und der Bosnier Vinko Puljic bleiben die Jüngs-ten. Erstmals kommt offiziell ein Kardinal aus dem konservativen Opus Dei: Juan Luis Cipriani Thorne, Erzbischof von Lima.

Noch ist die Frage der Nachfolge Johannes Pauls II., der trotz seiner Gebrechen bewundernswert sein Amt versieht, nicht aktuell. Aber sie spielt angesichts der Bedeutung dieses Amtes innerhalb einer derzeit sehr zentralistisch geführten Kirche eine enorme Rolle. Fürs erste sind alle diesbezüglichen Spekulationen auf jeden Fall noch unsicherer geworden. Die Papierform spricht eindeutig für einen Kandidaten aus dem konservativen Lager. Aber vielleicht hält der Heilige Geist, mit dem Katholiken bei einem Konklave immer rechnen müssen, wie schon des öfteren in der Vergangenheit wieder eine Überraschung bereit.

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