Versöhnung braucht Einsicht in (historische) Schuld

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War es diese Erfahrung, die es der Evangelischen Kirche in Deutschland ermöglichte, in den neunziger Jahren die Versöhnungsarbeit mit der Partnerkirche der Böhmischen Brüder in der Tschechischen Republik zu beginnen? Dabei ging es auch um die Erklärung der eigenen Schuld, die Bitte um Vergebung und den Aufruf zur Versöhnung. Die gemeinsame Erklärung der beiden Regierungen in Bonn und Prag vom Jahr 1997 ist auch auf diesem Hintergrund zu sehen. Die so erworbenen Fähigkeiten machten die Kirchen zu "Expertinnen in Versöhnung", etwa in Südafrika oder im geteilten Korea.

In Österreich sind die Versäumnisse der Vergangenheit schmerzlich zu spüren. Die grundsätzliche Unversöhntheit mit den Nachbarn wird, so heißt es, ihre Auswirkungen bis in den Wahlkampf haben. Wie ist das möglich? Hat Österreich geschlafen? Haben die Kirchen hier geschlafen? Ist es die zur Gewohnheit gewordene Selbsttäuschung als "Opfer" und die bis heute mangelnde Einsicht in die eigene Schuldverstrickung? Als die Tschechoslowakei unter die Räder des Nationalsozialismus kam und von allen im Stich gelassen wurde, war Österreich auf der Seite der Täter.

Um einen Weg in die Zukunft zu bahnen, der auf Versöhnung beruht, ist die Einsicht in diese Schuld eine notwendige Voraussetzung.

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich.

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