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Vertrat Florian Kuntner eine andere Kirche?
Die römisch-katholische Kirche und vor allem Bischöfe in ihr sind in letzter Zeit immer häufiger Gegenstand bösartiger Karikaturen in Österreichs Medien. Wenngleich Kritik zur freien Meinungsäußerung gehört, läßt solche Art auch auf Geringschätzung schließen.
Umso erstaunlicher war für mich nach dem Tod von Weihbischof Florian Kuntner das Echo in den Medien. Sicherlich wird man einem toten Bischof ein hohes Maß an Pietät entgegenbringen. Daß aber so umfassend und von allen mit sichtlicher Betroffenheit berichtet vmr-de, war mir ein deutliches Zeichen, wie sehr die Öffentlichkeit gerade
sein kirchliches Wirken verstanden hat.
Welche Art von Kirche hat Kuntner nun dieser Öffentlichkeit gegenüber verkörpert?
Eine Kirche, die wachen Auges die Probleme sowohl der Innenpolitik wie der Weltpolitik sieht und Dointiert dazu Stellung nimmt. Man rat seine oft emotionalen Stellungnahmen auch häufig kritisiert, niemals aber karikiert.
Eine Kirche, die ohne Rücksicht auf eigenen Vorteil sich für jene einsetzt, die keine Lobby haben: für Arbeitslose, Ausländer, für die Armen in der Dritten Welt.
Eine Kirche, die die Allianz auch mit „ganz anderen" guten Willens sucht, wenn es um den Menschen und seine unveräußerlichen Rechte geht. Das zeigte etwa Florian Kunt ners Engagement beim „Lichtermeer" oder bei der Plattform „SOS Mitmensch".
Eine Kirche, die durchaus radika le Forderungen stellen kann, wenn sie diese aus dem Evangelium glaubwürdig begründet und versucht, sie in den eigenen Reihen vorzuleben.
I 1 ine Kirche, die trotz gegentei-
liger Auffassungen bereit ist X-J zur Versöhnung. Kuntner hat von sich aus, wie ich weiß, nie jemand als seinen wirklichen Feind betrachtet.
Eine Kirche, die bei allem Weltengagement das Geistliche nicht vernachlässigt. Gerade der so „politische" Bischof war auch verantwortlich für die spirituellen Aufbruchsbewegungen. Er machte vielen klar, daß Beten sehr oft zum Handeln führen muß.
Eine Kirche, die selbstkritisch ist und im Vertrauen auf den Heiligen Geist auch zu weitreichenden Erneuerungen Mut hat.
Ist Kuntners Kirche eine „andere" als jene, die oft so boshaft karikiert wird? Keinesfalls. Florian Kuntner hat aber begreiflich machen können, daß die Kirche Jesu Christi nicht nur für die Gläubigen, sondern für die ganze Welt „heilsam" ist.
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