Vertrauen wächst anders

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Zugegeben, es war ein schlechter Zeitpunkt, um das "Islam-Gesetz" ins Trockene zu bringen -im Schatten von IS, Paris, PEGIDA und all den Peinlichkeiten um das "König Abdullah-Dialogzentrum". Der Blick auf Bürgerängste und ihre Nutznießer lag nahe.

Zugegeben auch, das neue Gesetz hat einige Verbesserungen für unsere muslimischen Mitbürger gebracht. Es sichert Österreichs zweitgrößter Religionsgemeinschaft längst überfällige Selbstverständlichkeiten ihrer Glaubenspraxis.

Und doch leidet der jetzt zum "Exportschlager für EU-Europa" hochstilisierte Gesetzestext an genau jener Unschärfe, die wir gerade dem Islam so gerne zum Vorwurf machen. Der versteht sich ja - zumindest dort, wo er Mehrheitsreligion ist -nicht nur als Glaubensbekenntnis, sondern auch als umfassende Gesellschafts-und Lebensform. Ein letztlich politischer Anspruch, der auch dem Christentum über weite Strecken seiner Geschichte nicht fremd war.

So ist am Ende jener unglückliche Mix aus Religions- und Sicherheitsgesetz daraus geworden, der, wiewohl gut gemeint, mehr zerstört als fördert. Der, aus Sorge vor Extremismen, einen Generalverdacht über alle hier lebenden Muslime legt. Der ihnen -zusätzlich zu ihrer Last permanenter Rechtfertigung - jetzt per Gesetz auch Gelöbnisse zu Staat und Wertordnung abverlangt, die bislang auf dem Fundament gegenseitigen Vertrauens recht selbstverständlich waren. Der ihnen zudem vor Augen führt, dass sie unter den großen Weltreligionen doch nicht auf gleicher Augenhöhe stehen.

Verspielter Vertrauensvorschuss

Wer sich, wie wir Österreicher, die Religionsfreiheit an seine Fahne heftet, der muss auch religiöse Bildung für alle ermöglichen, die danach verlangen. Wer aber wird nach dem Verbot der Fremdfinanzierung künftig für die notwendige Zahl von Imamen sorgen? Wie kann unser Staat eine Entscheidung begründen, die für andere Religionen nicht gilt? Und wer glaubt ernsthaft, dass künftige religiöse Stiftungen transparent sein werden?

Niemand wird behaupten, dass die Reform unseres 103 Jahre alten Islamgesetzes eine leichte Aufgabe war. Niemand wird auch die "Islamische Glaubensgemeinschaft" von Fehlern freisprechen können; ihre Führungsund Kommunikationsprobleme waren offenkundig. Und niemand weiß, warum bei der Gesetzwerdung auf den Rat profunder Islam-und Dialog-Experten verzichtet wurde, die unser Land in Fülle besitzt. Sie hätten wohl davon abgeraten, emotional so Unvereinbares in einem einzigen "Religionsgesetz" abzuhandeln.

Die Erfahrung lehrt uns: Mitverantwortung -auch für die Sicherheit eines Staates -wächst nie aus Misstrauen, sondern nur aus der Gewissheit und Dankbarkeit, als Mensch und Gemeinschaft angenommen zu sein und eine Heimat zu haben.

Österreich hat bisher unter Muslimen einen singulären Vorschuss an Sympathie und Grundvertrauen genossen. Der ist Vergangenheit.

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