Wir alle wissen: Die Eigengesetzlichkeit von Medien lässt wenig Raum für das Gute. Schlagzeilen (ein enthüllender Begriff!) haben ihre eigene Dynamik - sie lieben Skandale, befördern Dunkles, bedienen Ängste.
Je näher Weihnachten heranrückt, desto hilfloser steht eine ganze Profession vor den Gefühlen vieler ihrer Konsumenten: dem stillen Wissen, dass die großen Feste "von Gott gemacht" sind (Ps 118). Und der Erkenntnis, wie sehr unsere auf das Ego, den Einzelkämpfer getrimmte Zeit letztlich das Miteinander ersehnt.
Gerade deshalb erzähle ich im Advent gerne von Lebenserfahrungen, die außerhalb unserer medialen Wahrnehmung liegen. Von berührenden Erlebnissen: wie anderswo Gemeinschaft gelebt wird -und wieviel wir für andere tun könnten.
Zwei Beispiele für viele:
Vor Jahren war ich in Nicaragua. Es war nicht die "normale Hilton-Tour": Hängematten und Lehmböden dienten als Betten. Einmal kam eine Schlange aus der Wasserleitung. Giftspinnen saßen an der Zimmerdecke. Draußen herrschte Bürgerkrieg, Hunger und bittere Armut.
Umso unbegreiflicher der Empfang in Dörfern weitab von jeder gepflasterten Straße. Da waren Festessen vorbereitet, alle im Dorf hatten das Ihre dazugelegt. Irgendwo wartete sogar eine Dusche auf mich: vier Stangen und eine Plane rundherum; oben eine Gießkanne, von einem Schlauch mit Wasser gefüllt.
Ein Hochgenuss -bis mir am nächsten Morgen ein Entwicklungshelfer verriet: Ich hatte den Wasservorrat des Dorfs für eine ganze Woche "verduscht". Kein Einzelfall.
Seither frage ich mich, ob -und wenn ja, warum - sich die Hungernden mit der Geschwisterlichkeit leichter tun als wir Satten. Vielleicht ein Advent-Gedanke.
Vorweihnachtliche Bettelbriefe
Und andersrum: Einmal kam der Dalai Lama nach Wien. Ich durfte ihn einführen, von seinem Schicksal und dem seines Volkes erzählen. Nachher wollten die Gastgeber wissen, wohin sie mein Honorar überweisen sollten. In Erwartung meiner gewohnten, bescheidenen Volkshochschul-Einkünfte habe ich gönnerhaft die Kontonummer des tibetischen Kinderdorfs in Indien angegeben - und mich prompt geärgert, als ich die Höhe der Überweisung erfahren habe. Für mich damals ein Riesenbetrag.
Wochen später kam ein Dankbrief der Schwester des Dalai Lama -und mit ihm der Beweis, wie schäbig mein Ärger war: Mit meinem Honorar hatten die Exil-Tibeter nach einem Erdrutsch eine Volksschule gebaut. Eine ganze Schule!
Seither weiß ich, wie enorm der Wert jeder unserer Spenden mit der Entfernung anwächst. Wie um den Preis, den ein Spitalsbett bei uns kostet, anderswo ein ganzes Krankenhaus gebaut werden kann.
Warum ich das erzähle: Weil wir uns oft von Bettelbriefen belastet, ja belästigt fühlen. Und uns gerade vor Weihnachten die Erfahrung guttut: Wir können mit unseren Spenden weit mehr erreichen, als wir selbst glauben. Und vielleicht auch glauben möchten.
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