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VON NEUEN BÜCHERN

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Die Schriftenreihe: „Politische Zeitproblem“ österreichischer Verlag, Wien bietet unter diesem Titel aus der Feder Dr. Alfred M i s- songs eine klare Einführung in die politische Ethik des Christentums. Ziel des Autors ist, die buntfarbige Magie der modernen Politik, ihre Vergötzung politischer Symbole, durch eine schnurgerade Politik aus christlichem Glauben zu überwinden. Mit hohem sittlichen Ernst bekämpft deshalb Missong die nicht selten geäußerte Meinung: Weil die Kirche der Gegenwart auf Politik verzichtet, müsse auch der sogenannte „Laie", der Christ in der Welt, diese Haltung, die politische Resignation der Kirche, wiederholen. Wie Missong auseinandersetzt, sei dies ein tödlicher Trugschluß. In seinem Sinne ist diese laikale Weltentsagung und Weltverdrossenheit um so mehr zu verurteilen, als selbst die Kirche, der mit Christus die politische Passion wesentlich ist, in ihrer das Unrecht erleidenden Stellung trotzdem höchste „politische“ Aktion in der Schöpfung des wahren Menschen durch den Gottmenschen entfaltet. Freilich ist es dann nicht so sehr der „geistliche“ Stand, vielmehr der „weltliche“ Stand, der das politische Unrecht im allgemeinsten Stile nicht nur in der „Gesinnung“, sondern auch, und dies vor allem, im „Zustand“ amtsge. mäß zu bekämpfen verpflichtet ist.

Folglich wird auch bei Missong, wie bei einigen christlichen Soziologen der Gegenwart, die „Zweiständelehre des Christentums“ der Angelpunkt seiner, politischen Ethik. Er hält es für einen Fehler, der leicht zu „irrigen Schlußfolgerungen“ führt, „wenn die grundlegende Verschiedenheit der Berufung dieser zwei Stände nicht klar gesehen wird“. Das Ergebnis solcher fälschlich angenommenen Eingeleisigkeit christlichen Lebens seien dann „auf der einen Seite Laien, die Kleriker oder Ordensleute mimen, und auf der anderen Seite Priester, die sich in weltlicher Arbeit aufreiben“. Missong umgrenzt haarscharf beide, von einander wesentlich verschiedenen Funktionen: Des Laien sei das weltliche Kulturschaffen, die profane Kunst und Wissenschaft, die Politik, die soziale Organisation und Wirtschaft. Hier trüge der Laie ausschließlich „volle Verantwortung“, die ihm „kein Angehöriger des geistlichen Standes, nicht einmal sein Beichtvater abnehmen kann“. Andererseits, meint Missong, gehöre all das, was den Inhalt der spezifisch kirchlichen Wirksamkeit ausmache, theologische Lehre und sakramentale Gnadenvermittlung, „zur Domäne des geistlichen Standes, in die kein Laie sei er auch ein noch so rühriger Laienapostel! eingreifen dürfe". Ausdrücklich wird von einer doppelten Welt-,,Sicht" gesprochen, welche beide Stände auf Grund ihres Standortes und Funktionskreises je haben müssen. Die Formulierung ist kühn, aber im Grunde unanfechtbar: Dem geistlichen Stand, schreibt Missong, fehlt notwendig der innere Drang zur äußeren Umformung der Welt. Dem Laien hingegen ist die Weltformung Beruf und Berufsgnade. „Er sinnt, heißt es, und er plant, dieser Laie, stets von neuen Reformen, die diese irdische Welt strukturell besser, schöner, inhaltsreicher und lebenswerter machen sollen.“ Darum erscheint der Priester, setzt Missong auseinander, „normalerweise im Hinblick auf die Probleme der Welt als der mehr konservative, der Laie als der mehr reformistische Typus“. Das ermutigt Missong zum Schluß: „Wo die Kirche schweigt, muß der Laie reden; wo die Kirche keine Entscheidung trifft, muß der Laie entscheiden; wo die Kirche duldet, muß der Laie kämpfen. So lautet das Grundgesetz der christlichen Lehre von den beiden Ständen."

Auch diese Formulierung ist kühn; aber sie ist ebenso unbestreitbar richtig. Sie ist zudem eine uralte Weisheit -der christlichen Soziologie, die vor kurzem Kardinal Suhard von Paris in sei-nem großartigen Hirtenbrief neu siegelte: Es gibt zwei Stände und damit zwei Methoden der christlichen Wirksamkeit. „Diese Unterscheidung, schreibt er, ist unerläßlich, um jede Vermengung der Aufgabenbereiche zu verhüten. Man muß daher nicht etwas von der Kirche.erwarten, was sie weder verwirklichen kann noch soll: sie beseelt alles, aber sie gestaltet nicht“! Zu gestalten hat der Christ in der Welt — Welt und Politik. Das ist seine „Weltverpflichtung“, die Missong uns aufs neue ins Gewissen ruft.

Ein Jesus-Leben. Von P. W. Schmidt. 2 Bände. 2. Aufl., Wien 1948, Mayer & Comp.

Wer nach dem ersten Weltkrieg in Mödling oder in Wien die „Christcisvorträge“ des Verfassers gehört hat, nimmt mit doppelter Freude dieses neue Leben-Jesu-Werk in die Hand, in welchem der berühmte Ethnologe seine heimliche Liebe zum Neuen Testament eindrucksvoll unter Beweis stellt. Ohne gelehrten Apparat und in schlichter, für weitere Kreise berechneter Sprache führt uns das Werk in das Leben Jesu ein, läßt ihn selbst oft das Wort ergreifen und unmittelbar auf den Leser einwirken. Die Paraphrase zu manchen Reden des Herrn ist ungemein gut gelungen so etwa zum Hohenpriester- lichen Gebet, vgl. II, 144, auch der Unterschied zwischen Magnificat und Benedictus wird originell und treffend charakterisiert II, 351 f.. Schmidt hat, wie zum Beispiel aus dem Abschnitt über die Volkszählung in Bethlehem II, 353 oder über das letzte Abendmahl II, 107 und 115 klar ersichtlich ist, die Forschungsergebnisse der neueren Exegese aufmerksam verfolgt und meist auch verwertet. Um so mehr wundert sich aber der Leser, daß die edle, fromme Maria von Bethanien mit der öffentlichen Sünderin von Galiläa identifiziert wird II, 13, und diese soll wieder eine und dieselbe Frau sein wie Maria Magdalena I, 174; II, 103, die als erste Überbringerin der eigentlichen Osterbotschaft als Apostola apostolorum eine so bedeutsame Rolle spielt. — Durch die gründlichen Untersuchungen von U. Holzmeister und P. Keller ist diese „Einfrauentheorie" heute denn doch überholt und von den Exegeten aller Richtungen so ziemlich aufgegeben. Auch die Erklärung von Matthäus 1, 19, scheint mir nicht gut geglückt II, 346. Man wird hier besser Lagrange folgen als Hieronymus. Möge „Arnold Fabrizius“ der Deckname des Verfassers in der ersten Auflage viele Weggenossen auf seinem Weg zu Christus finden.

Univ.-Prof. Dr. Joh. Kosnetter Der silberne Wagen. Erzählungen. Von E. Wiechert. Verlag der Arche, Zürich 1948.

Sieben Sterne am Himmel ergeben das Bild des Silbernen Wagens. Sieben Erzählungen von Ernst Wiechert fügen sich zu einem Sternbild zusammen, das aus ferner Höhe herableuchtet in das bunte Wirrsal dessen, was der Alltag uns an schöngeistigem Schrifttum nimmermüde bringt. Dankbar seien wir denn auch dem Geber für das siebenfache Geschenk, das er uns bietet, ist es doch sein Herz, ein Dichterherz, von sieben Schwertern durchbohrt. Und es ist doch allemal dasselbe Schwert, das im Eindringen den Pulsschlag zittern macht, so daß der Dichter im Recht ist, wenn r im Begleitwort zu diesem Buch die Hauptpersonen seiner Erzählungen „Brüder und Schwestern vom erschütterten Leben" nennt, Geschöpfe nicht seines Geistes, nicht seiner Phantasie oder seines Wollens, sondern recht eigentlich seines Blutes. Und weil es doch nur e i n Blutstrom ist, der seit Anbeginn der Zeiten durch unser aller Leben rinnt, haben auch wir an dieser Erschütterung teil. Dies ist das Geheimnis der Wirkung, die den sieben Erzählungen aus einem Schaffensraum von vier Jahren gegeben war, als sie einzeln erschienen, und die ihnen treu bleiben wird, da sie nun ge-

sammelt vor uns treten. Gemeinsam ist ihnen die Tiefe der Empfindung und der Ernst der Aussage, gemeinsam freilich auch, wenngleich in verschiedenen Abstufungen, ein gewisses Pathos, ohne das nun einmal heute — in Deutsdiland mehr als bei uns — die Empfindung nicht ihre Aussage zu finden scheint. Aber während man bei vielen Autoren recht wohl merkt, daß ihr Pathos mehr dazu helfen soll, das Unwahrscheinliche, dessen sie nicht entraten können, gewissermaßen zu heiligen, hat man bei Wiechert eher den Eindruck, daß er auf seinen Schultern eine Mission lasten fühlt, der er Folge leisten müsse und deren Dienst eine sakrale Steigerung des Ausdrucks fordere. Wir glauben ihm diese Mission und müßten sie ihm auch dann und gerade dann glauben, wenn er nie etwas anderes geschrieben hätte als die fünfte dieser Erzählungen, den „Kinderkreuzzug“. Ich wüßte diesem kleinen Meisterwerk nichts anderes an die Seite zu stellen als jene kostbare Perle unseres heimischen Schrifttums, das „Apostelspiel“ von Max Mell. Damit meine ich über die Gläubigkeit, die Innigkeit, die Poesie dieser Erzählungen mehr ausgesagt zu haben als seitenlanges Rühmen es vermöchte. Sie scheint mir noch über der gleichfalls schon weithin bekannt gewordenen „Geschichte eines Knaben" zu stehen, die mit ihrem fremd-süßen Zauber auch wieder einen Höhepunkt in der Siebenzahl dieser Erzählungen darstellt, von denen ansonst nicht jede zu so makellosem Ganzen sich runden will. Insbesondere die Kriegsgeschichte „Flucht ins Ewige“ ist wohl zu konstruiert und zu wirklichkeitsfremd, während „Der Wolf und sein Bruder“ und „Die Legende vom letzten Wald“ in ihrer Phantastik einigermaßen den Rahmen sprengen. Aber in der Erzählung „Die Schmer-zensreiche" hat der Dichter die völlige Selbstentäußerung der liebenden Frau mit großer psychologischer Feinheit herausgearbeitet; hier ist die subtile Schönheit der Sprache besonders eindrucksvoll. Sie leuchtet auch im Begleitwort auf, dessen letzter Satz diesen Dichter kennzeichnet: „Die Beichte ist schwerer als das Schweigen, wie das Leben schwerer ist als der Tod.“

Paul Thun-Hohenstein Die Spanische Hofreitschule. Von A. P o d- hajsky. Deutsch-englisch-französischer Text mit 90 Bildtafeln. Verlag Rudolf H. Hammer, Wien.

Zu den kostbaren Erbstücken aus der österreichischen Vergangenheit zählt die Pflegestätte klassischer Reitkunst, die Spanische Hofreitchule. An keiner anderen Stelle wird die alte reiterliche Tradition in so glänzender Weise fortgeführt wie hier. Die Pferde dieser Schule, die Lipizzaner, stammen aus einem Gestüt, das im Jahre 1580 aus spanischem und arabischem Blut begründet wurde. Nach dem ersten Weltkrieg sind die Bestände des Gestüts zum größten Teil nach Piber in der Steiermark gebracht worden, wo die Aufzucht und Ausbildung in der alten Tradition fortgeführt wurde. Gegen Ende des zweiten Weltkrieges wurden sie mit allem ihrem Material nach St. Martin in Oberösterreich verlegt. Eine in die Tschechoslowakei verlagerte Gruppe wurde durch General Patton zurückgeholt. Mit der Spanischen Hofreitschule ist eine in Jahrhunderten erarbeitete und stets verständnisvoll weiterentwickelte Reitkunst lebendig geblieben, die, bis in jede Einzelheit geprägt, heute noch nicht nur den Fachmann, sondern auch den Zuschauer erfreut. Welche Summe von Arbeit diese sich mühelos-elegant präsentierenden Darbietungen zur Voraussetzung haben, geht schon daraus hervor, daß die Entwicklung der Pferde erst im siebenten Lebensjahr abgeschlossen ist. — Auch der wunderbare barocke Prunkbeu der Spanischen Hofreitschule in Wien, ein Werk Fischer von Erlachs, hat den Krieg ohne Schaden überstanden. Das vorliegende Werk, das den gegenwärtigen Leiter dieser Schule zum Verfasser hat, gibt eine ausgezeichnete Darstellung der Geschichte und der Leitsätze des Instituts. Die prachtvollen, ganzseitigen zum Teil farbigen Bildtafeln werden jeden Reiter, aber auch jeden Laien fesseln. C. v. Peez Unser Latein. Lateinisch-deutsches Wörterbuch. Eingeleitet von Dr. Georg Hauser. Akademischer Gemeinschaftsverlag Salzburg 1948.

Die Konkurrenz mit dem altbewährten Schulwörterbuch von Stowasser aufzunehmen, ist gewiß kein einfaches Unternehmen. Trotzdem muß der vorliegende Versuch philologischer Gemeinschaftsarbeit als gelungen bezeichnet werden. Der Wortschatz ist sorgfältig gesichtet, die Erläuterungen sind knapp und prägnant. Ungeachtet der kleineren Lettern ist der Druck sauber und übersichtlich, wobei die durch das normale Schulbuchformat erreichte Handlichkeit als besonderer Vorteil zu werten ist. Demnach erscheint die Absicht der Herausgeber durchaus verwirklicht, nicht nur dem Schüler, sondern auch vielen Berufsgruppen, wie Theologen, Juristen, Medizinern, und darüber hinaus dem breiten Publikum der gebildeten Laien einen brauchbaren Behelf in die Hand zu geben. Der verhältnismäßig niedrige Preis und der gefällige Einband werden zur Verbreitung des Buches in wünschenswerter Weise beitragen. Dr. Otto V i c e n z i

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