Von starren Rollen zu neuen Rechten

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Seit 43 Jahren fordert die Aktion Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung zu beidem auf: Verzicht und Solidarität. Heuer stehen Frauenprojekte in Indien, Nicaragua und auf den Philippinen im Mittelpunkt.

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Seit 43 Jahren fordert die Aktion Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung zu beidem auf: Verzicht und Solidarität. Heuer stehen Frauenprojekte in Indien, Nicaragua und auf den Philippinen im Mittelpunkt.

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Als ich 1974 hierher kam, habe ich mich über die vielen Rikscha-Zieher gewundert. Jetzt kenne ich den Grund." Staudammprojekte, Kraft- und Bergwerke zwangen Tausende Bewohner der nordostindischen Provinz Bihar zur Absiedelung - meist ohne entsprechende Entschädigung, weiß Schwester Flora Minz aus Ranchi. Seit 1974 hat sie sich in den Dienst der Landlosen - vor allem aber der Frauen - gestellt. Manche der Enteigneten finden zwar in neuen Bauprojekten oder Minen Arbeit, so die Ordensfrau. Vielen bleibt jedoch nur die Arbeit in fremden Haushalten, das Rikscha-Ziehen - oder ein Leben auf der Straße.

Bereits 1955 mussten ganze 338 Dörfer dem Stausee des KOSI-Dammes Platz machen, der das überschwemmungsgefährdete Land schützen sollte. Neue Häuser, neues Land und Arbeit wurden den Grundbesitzern zugesagt - ein Versprechen, auf dessen Einlösung manche noch immer warten.

Dass auch heute in nur 20 Prozent der Entschädigungsfälle das Geld in den Händen der Betroffenen landet, hat seinen Grund: Zwar bietet die indische Regierung den Landbesitzern grundsätzlich finanzielle Vergütung an, doch korrupte Mittelsmänner schlagen aus deren Unwissenheit nicht selten Profit. Oft schlittern die einstigen Besitzer von Grund und Boden trotz der Zahlungen ins Elend, erzählt Schwester Flora: "Sie wissen, wie Land, Wald und Wasser zu bewirtschaften sind. Wenn sie das verlieren, verlieren sie auch ihre Existenz."

Gerade Frauen leiden aufgrund mangelnder Bildung doppelt an der Situation: Können in ganz Indien 37 Prozent der weiblichen (gegenüber 57 Prozent der männlichen) Bevölkerung lesen und schreiben, so liegt die Alphabetisierungsrate der Frauen in der Provinz Bihar gerade zwischen elf und 14 Prozent. Bildung war und ist noch Männersache, weiß Schwester Flora, die selbst als eines von zehn Kindern gegen den Willen ihres Vaters zur Schule ging: "Weil sie nicht ausgebildet sind, werden Frauen oft missbraucht oder betrogen. Wenn sie krank werden, glauben manche auch heute noch, sie sind vom Teufel besessen."

Aufklärung und Bildung tun also not: Nicht nur das Lesen- und Schreibenlernen, auch rechtliche Belange und Gesundheitsfragen stehen im Zentrum von Frauenförderungsprogrammen. Ein Ziel, das die Sozial- und Entwicklungsabteilung der katholischen Diözese Jamshedpur bereits seit 1988 engagiert verfolgt - mit finanzieller Hilfe aus Österreich: Neben ähnlichen Projekten auf den Philippinen und in Nicaragua will die Katholische Frauenbewegung mit der heurigen Aktion Familienfasttag die Initiativen der Region unterstützen. Ehrgeiziges Ziel ist es, insgesamt Projekte im Ausmaß von 30 Millionen Schilling zu finanzieren.

Der Schwerpunkt wird auf die Bewusstseinsbildung der Frauen gelegt. So sollen etwa in Indien 60 dörfliche Frauengruppen initiiert werden. In regelmäßigen Treffen lernen die Mitglieder, ihre Situation zu analysieren und gemeinsam nach Auswegen zu suchen. Basis eines neuen weiblichen Selbstbewusstseins ist jedoch ein reguläres Einkommen und Teilhabe am Eigentum. Auch hier bleibt viel zu tun: Noch immer leisten Frauen nach einer Untersuchung der UNO weltweit zwei Drittel der Arbeit, erhalten zehn Prozent des Einkommens und verfügen über ein mageres Prozent des Besitzes. Nach dem Motto "Teilen für Land in Frauenhand" sollen durch die heurige Fastenaktion Frauen unterstützt werden, eigene Landwirtschaften oder Betriebe zu gründen. Erste Erfolge sind bereits zu vermelden, berichtet der indische Gast: "Manche Frauen haben Spargruppen initiiert, bei denen monatlich fünf bis zehn Rupien auf ein Konto gelegt werden. Andere Gruppen handeln mit Gemüse oder Bekleidung." Auch dem Grundübel Alkohol ist man bereits erfolgreich zu Leibe gerückt, erzählt Schwester Flora: Statt wie früher damit zu handeln und zugleich Leidtragende ihrer schlagenden Männer zu sein, ist das Alkoholgeschäft bereits für viele Frauen tabu.

Die Gesundheit liegt der ausgebildeten Krankenschwester und Hebamme naturgemäß besonders am Herzen. Angebotene Gesundheits-Checks und Impfaktionen helfen freilich nichts, wenn die Frauen nicht wissen, dass es sie gibt. Umfassende Bildung ist also das Ziel: Neben den Themen Schwangerschaft, Krankheit und Kräutermedizin stehen in ihrem Unterricht auch Gemüseanbau und vor allem Genderforschung am Programm, betont die ambitionierte Ordensfrau: "Wir wollen traditionelle Rollen aufbrechen. Frauen sollen sich nicht nur um den Haushalt sorgen, sondern auch um das Parlament."

Informationen zum Familienfasttag unter 01/51552-3697 oder: www.teilen.at .

Spenden auf das PSK-Konto: 1,250.000

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