Karfreitagsfürbitte "für" die Juden: Vorwärts, wir gehen zurück!
Nach Jahrzehnten des Gesprächs wird ein theologischer Dialog der freundlichen Oberflächlichkeit schlicht langweilig und überflüssig. Zornige jüdische Anmerkungen zum - derzeitigen - Verhältnis zur katholischen Kirche.
Nach Jahrzehnten des Gesprächs wird ein theologischer Dialog der freundlichen Oberflächlichkeit schlicht langweilig und überflüssig. Zornige jüdische Anmerkungen zum - derzeitigen - Verhältnis zur katholischen Kirche.
Ich wurde in Innsbruck geboren. Meine Eltern hatten die letzten beiden Jahre des Krieges oberhalb der Schneegrenze in den Ötztaler Alpen überlebt. Nahe Innsbruck liegt Judenstein, das eine Geschichte erzählt, die aufs engste mit einer Theologie des Karfreitags verbunden ist, wie sie nun einmal in der katholischen Kirche bis zum Schock von Auschwitz beheimatet war.
Es ist eine Ritualmordlegende. In grausamsten Bildern und Personengruppen wurde die Ermordung des armen Tagelöhnerknaben Andreas (Anderl) von Rinn illustriert. Ein Jude reckt das Messer hoch, ein anderer hält den Kelch, um das Blut aufzufangen, und der gedruckte Kirchenführer - der erste, de nach dem Dritten Reich erscheinen darf - klärte mit bischöflicher Imprimatur versehen den Besucher auf, dass durchreisende jüdische Kaufleute das Kind der Tagelöhnerfamilie aus Hass auf Christus gemartert und getötet hätten. In dieser Region wurde ich geboren! Die Wirkung dieser Legende war so stark, dass meine Eltern aus dem schönen Tirol flüchten mussten, als meine Einschulung nahte.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!