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Was änderte die Instruktion?

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Dennoch ändert diese Instruktion — abgesehen vom Abschnitt VII — fast nichts an dem gegenwärtigen Zustand.

Der Kanon 1094 des Corpus Juris Canonici wird ausdrücklich festgehalten. In ihm heißt es: „Nur diejenigen Ehen sind gültig, die vor dem Ortspfarrer oder dem Ordinarius oder dem von einem von beiden beauftragten Priester und vor wenigstens zwei Zeugen geschlossen werden.“ Also die Aufhebung der automatischen Exkommunikation bedeutet nicht die Anerkennung der Gültigkeit der Mischehe, die vor einem protestantischen Pfarrer geschlossen worden ist. Diese Ehe ist nach wie vor ungültig, da sie die Formvorschrift des Kanon 1094 nicht erfüllt. Die Bemühungen der Kardinale Frings, Cushing, Bea, die Intentionen von Kardinal König und vieler anderer Oberhirten der katholischen Kirche sind zunächst nicht erfüllt.

Ein Ventil freilich, wenn man so sagen darf, ist geöffnet; es heißt in Abschnitt III weiter: „Sollten Schwierigkeiten auftauchen, so soll der Ordinarius den Fall mit allen Einzelheiten dem Heiligen Stuhl unterbreiten.“ Nun, die Schwierigkeiten sind ohnehin da. Sie tauchen in dem Augenblick auf, wo der evangelische Partner sich unbekümmert und freimütig vor jedem katholischen Geistlichen zu dem Fundament der reformatorischen Kirchen, dem Evangelium von Jesus Christus, bekennt. Man müßte freilich auch den evangelischen Partnern die unendliche Geduld wünschen, die sie benötigen, wenn ihr Fall mit allen Einzelheiten dem Heiligen Stuhl unterbreitet wird. Es werden sich ja vielleicht Berge von Akten in Rom türmen. Indes, Menschen, die heiraten wollen, sind meist ungeduldig.

Merkwürdigerweise ist die gleiche Vorgangsweise in der Instruktion empfohlen, wenn der evangelische Partner einer Mischehe das „Ver-

sprechen, die Kinder der Ehe katholisch taufen und erziehen zu lassen, nicht ohne Verletzung des eigenen Gewissens“ ablegen kann. Dann soll der Ortsordinarius den Fall mit allen Einzelheiten dem Heiligen Stuhl vorlegen. Es berührt merkwürdig, daß in beiden Fällen die Entscheidung nicht bei den Ordinariaten der Bischöfe und Erzbischöfe liegt. .

Zwiespältig erscheinen diese Bestimmungen: Einerseits wollen sie den seinem Glauben treuen evangelischen Partner einer Mischehe offenbar in einem Spruchverfahren doch der Jurisdiktion des Heiligen Stuhles unterwerfen, anderseits scheinen sie Glauben und Gewissen des evangelischen Partners ernst zu nehmen. Ernsthafte Folgerungen freilich ergeben sich zunächst nicht daraus. Denn die automatische Exkommunikation derjenigen Katholiken bleibt nach Kanon 2319 § 1 Ziffer 2 bis 4 bestehen, die beim Eheschluß ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden sind, daß Kinder aus ihrer Ehe „außerhalb der katholischen Kirche erzogen wer den“, ferner „die sich wissentlich erdreisten, ihre Kinder nichtkatholischen Religionsdienern zur Taufe zu bringen“ und diejenigen, „die ihre Kinder wissentlich in einem nichtkatholischen Glauben erziehen lassen“. Sie sind außerdem nach § 2 des Kanon 2319 der Häresie verdächtig. Damit bleibt es im Grunde bei der bisherigen Rechtslage und Praxis.

Das Zusammenwirken von evangelischen und katholischen Pfarrern bei der Trauung einer Mischehe wird in Abschnitt V als absolut zu vermeiden bezeichnet. Aber auch hier wird eine geringfügige Änderung der bisherigen Praxis ermöglicht, insofern der evangelische Geistliche nach der Trauung durch den katholischen Geistlichen nicht nur einen Glückwunsch, sondern auch eine Ermahnung an das Brautpaar richten und in der katholischen Kirche „gemeinsam mit den Nichtkatholiken einige Gebete verrichten“ kann.

Lösungen für den Einzelfall

Die verheißungsvollen Anfänge, die in Amerika in Warson Woods bei der Einsegnung einer Mischehe durch einen katholischen und einen anglikanischen Geistlichen und in Österreich in der sorgfältig ausgewogenen Form der Trauung von Berndorf durch Dechant Lorenz und Pfarrer Kauer gemacht worden sind, scheinen mir durch die Instruktion zunächst zum Stillstand gebracht zu sein. Bei der Berndorfer Trauung sind in einer klugen Weise Formeln gefunden worden, die die Grundfragen der katholischen Eheauffassung nicht verletzen, sondern einschließen — das Sakramentale, das Rechtliche und die Zusage der Kindererziehung in einem rechten christlichen Glauben — und die der evangelische Partner in christlicher Geduld tolerieren kann, weil die Freiheit der Verkündigung des Evangeliums und die Gewissensentscheidung des Einzelnen gewährt bleiben. Viele überzeugte evangelische Christen, die sich einer Weiterentwicklung nicht verschließen und nicht in einer neuen Gesetzlichkeit erstarren wollen, haben es bedauert, daß der mutige Versuch von Berndorf ein negatives Echo bei einigen ausgelöst hat.

Denn wir sind uns darüber klar, daß eine Entwicklung, die seit dem Tridentinum nun schon 400 Jahre lang zu immer stärkeren Verhärtungen geführt hat — gerade auch die Beseitigung der „Benedictina“ von 1741 und der „Provida“ von 1906 zeigen das — nicht einfach durch radikale Gesetzesänderung beseitigt werden kann. Man wird zunächst dankbar sein müssen, wenn in dem jeweiligen Einzelfall gute und kluge Lösungen gefunden werden, die Möglichkeiten eines echten gemeinsamen Lebens bieten. Nur so werden Verständnis und Liebe wachsen. Denn die Grundverschiedenheiten in der Lehre der katholischen und der evangelischen Kirche stehen hier im Hintergrund. Es ist bei der Frage der Mischehe die Differenz nicht einmal so sehr in der Auffassung der Ehe als Sakrament. Darüber müßte man gründlich miteinander sprechen. Das eigentlich Trennende ist, daß das Evangelium zum Gesetz gemacht wird. Wir dürften froh sein, wenn an einzelnen Stellen in der rechten Weise Gesetz und Evangelium unterschieden werden. Es ist historisch belegbar, daß die Laxheit des Glaubens nicht durch strenge Gesetze gemindert, sondern daß sie umso größer wird, je mehr das Evangelium zum Gesetz gemacht wird.

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