Was bisher geschah, besser: nicht geschah

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Den letzten Beitrag der Politik steuerte Staatssekretär Sebastian Kurz bei, als er am 8. September in einem Kurier-Interview, das mit "Schmied will Aus für Fach Religion“ übertitelt war, einmal mehr einen alternativen Ethikunterricht für alle, die in der Sekundarstufe II nicht das Fach Religion besuchen, forderte. Kurz berief sich auf eine gemeinsame Erklärung mit den großen Religionsgemeinschaften.

Ethikunterricht als Wahlkampfthema? Ministerin Schmied dementierte umgehend jede Absicht, das Fach "Religion“ abschaffen zu wollen. Und bei der "gemeinsamen Erklärung“ handelt es sich um ein Dokument, das bereits mehrere Monate alt ist (vgl. oben).

Abgesehen von Wahlkampftönen dokumentiert die Auseinandersetzung einen politischen Stillstand - und zwar seit 15 Jahren. An 234 Schulen gibt es zurzeit Ethikunterricht in der Sekundarstufe II - allerdings weiter als Schulversuch, den die meisten Schulen durch Umschichtungen oder Kürzungen anderer Angebote finanzieren.

Bereits fürs Schuljahr 1999/2000 hatte der Salzburger Religionspädagoge Anton Bucher im Auftrag des Unterrichtsministeriums eine Evaluierung der damals 94 Schulversuche durchgeführt und u.a. die möglichst umgehende Einführung eines alternativen Pflichtgegenstandes "Ethik und Religion“ gefordert.

Erst zehn (!) Jahre später - im Mai 2011 - fand dazu eine Parlamentarische Enquete statt (vgl. FURCHE 19/2011). Das Unterrichtsministerium wurde dabei beauftragt, dem Parlament die Rahmenbedingungen der bei der Enquete angesprochenen Modelle für Ethikunterricht vorzulegen.

Drei Modelle und eine laizistische Position

Beinahe unbemerkt von der Öffentlichkeit tat dies das Ministerium eineinhalb Jahre später. Dabei wurden ein Modell A - Ethik als zusätzlicher Pflichtgegenstand (Claudia Schmied hatte davor Präferenzen für dieses Modell erkennen lassen) - durchgerechnet, dann ein Modell B - Ethik als alternativer Pflichtgegenstand, wie von der Evaluierung 2000, von den Kirchen sowie von Staatsekretär Kurz favorisiert, sowie ein Modell C - Ethik als Bestandteil eines bisherigen Pflichtfaches. Das Modell C erwies sich - wenig überraschend - als billigste und Modell A als teuerste Variante. Teilnehmer an der Enquete 2011 waren allerdings erstaunt, denn das Modell C hatte dort niemand zur Sprache gebracht … (vgl. FURCHE 44/2012).

Im April 2013 publizierte die laizistische "Initiative Religion ist Privatsache“ ein Positionspapier, das die Verfassungsmäßigkeit der Schulversuche für einen alternativen Pflichtgegenstand Ethik bestritt: Der "Strafethikunterricht“ sei in der aktuellen Form "weder gesellschaftlich noch politisch legitimiert und verfassungsrechtlich bedenklich“ und daher unverzüglich zu beenden. Die laizistische Initiative propagierte vielmehr einen "weltanschaulich neutralen ‚Ethik- und Religionenunterricht‘“ für alle ab der Volksschule. Außerdem fordert sie ein Verbot für Lehrer, an einer Schule sowohl Ethik als auch Religion zu unterrichten. Als Unterstützer wurde von der Initiative u.a. auch Anton Bucher angeführt (vgl. oben). (ofri)

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