Was soll er tun – der Papst?

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Soll Benedikt XVI. trotz wiederholter Bitte der Pius-Bruderschaft um Rücknahme der Exkommunikation hart bleiben? Auch wenn versprochen wird, dass man die Lehre der Kirche akzeptieren werde und dem Papst volle Loyalität zugesichert wird? Soll der Papst nicht versuchen, eine Spaltung durch Dialog zu überwinden, bevor die Kluft unüberwindbar wird? Die Verweigerung des Dialogs wird doch in allen Krisenherden der Welt sonst überall schärfstens verurteilt.

Ist durch die Medienberichte klar genug vermittelt worden, dass Rücknahme der Exkommunikation nur bedeutet, dass die vier Bischöfe wieder zum Sakramentenempfang in der katholischen Kirche zugelassen sind; dass alle vier aber weiterhin suspendiert bleiben und ihr bischöfliches Amt nicht ausüben dürfen; dass die Rücknahme der Exkommunikation nur ein erster Schritt ist, damit ein Gespräch überhaupt in Gang kommt, gewissermaßen „Beitrittsverhandlungen“ beginnen können?

„Beitrittsverhandlungen“, keine „Rehabilitierung“

Ist hinreichend verständlich geworden, dass von „Rehabilitierung“ noch keine Rede sein kann, sondern den vier Bischöfen ein langer Gesprächsprozess bevorsteht, an dessen Ende feststehen muss, dass sie das II. Vatikanum bejahen, auch in den bestehenden Differenzen zur Religionsfreiheit, zur Ökumene, zu den anderen Religionen und besonders in einer positiven Einstellung zum Judentum?

Soll der Papst nicht die Chance nützen, zu dieser traditionalistischen Gruppierung mit knapp 500 Priestern und ca. einer Million Anhängern eine Brücke zu bauen, sie zu mehr Toleranz zu bewegen, verhärtete Fronten aufzubrechen und damit Schlimmeres zu verhüten? Wäre das nicht auch im Sinn der Gesellschaft wünschenswert, wenn es dadurch weniger Ausgrenzungen und Feindbilder gäbe?

Der Präsident der jüdischen Stiftung „Pave the Way“, Gary L. Krupp, hat die Rücknahme der Exkommunikation überraschend positiv beurteilt: Hätte der Papst jetzt nicht die Initiative ergriffen, um dieses Schisma zu beenden, „könnten eines Tages unsere Kinder und Enkelkinder eine bösartige rechtsgerichtete Religion hervorkommen sehen“.

Der evangelische Theologe Werner Neuer sieht das Versöhnungsangebot des Papstes auf dem Hintergrund der ökumenischen Erklärung zur Rechtfertigungslehre: Wir „haben als Christen die Pflicht, anderen die Versöhnung ohne Vorbedingung anzubieten – zumal dann, wenn diese darum bitten, und die Bereitschaft zur Umkehr erklären, wie dies bei den vier Bischöfen der Fall war. Papst Benedikt konnte daher als Christ und Hirte der Kirche gar nicht anders handeln, als auf das Schreiben der vier Bischöfe positiv einzugehen. Dass ein solches Gnadenangebot auch missbraucht werden kann, liegt in der Natur der Sache und wird gerade durch den Fall ‚Williamson‘ auf erschütternde Weise deutlich.“

Noch ein letzter Aspekt, der mir aufgefallen ist: Haben die Medien die eigentümliche Zufälligkeit hinterfragt, dass am gleichen Tag, als Kardinal Re das Dekret über die Rücknahme der Exkommunikation mit 21. Jänner datiert hatte, vom schwedischen TV das Interview mit dem Holocaust-Leugner ausgestrahlt wurde, das bereits vor längerer Zeit aufgezeichnet worden war?

Der Autor, langjähriger Leiter des Kath. Bildungswerkes Salzburg, ist seit 1958 mit Joseph Ratzinger in Verbindung und gehört seinem Schülerkreis an

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