Was trinkt Österreich?

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Der bereits zum Standardwerk avancierte Führer "Wo isst Österreich?" bietet heuer erstmals auch einen integrierten Weinguide.

Weil in der Einleitung zu diesem Dossier schon von Ritualen und heiligen Büchern die Rede war: die Bibel aller österreichischen Gourmets war lange Zeit der "Gault Millau" - und ist es vielleicht heute noch. Michael Reinartz und Christoph Wagner, die den jährlich erscheinenden Führer herausgaben, hatten tatsächlich Entscheidendes zur kulinarischen Entwicklung des Landes beigetragen wie freilich auch der Erfolg des Buches den entsprechenden Trend widerspiegelte.

Ende der neunziger Jahre trennten sich Reinartz und Wagner jedoch, Wagner fungierte noch eine Zeit lang als Chefredakteur des (vom Führer unabhängigen) Gault Millau Magazins - bis zu dessen Einstellung aus ökonomischen Gründen. Inzwischen ist es Wagner gemeinsam mit "Korkenzieher" Klaus Egle (seinerzeit Weinkolumnist beim Gault Millau Magazin) aber gelungen, einen Gastronomieführer neuen Typs zu etablieren: "Wo isst Österreich?" - ebenfalls jährlich erscheinend, 2002/2003 bereits zum vierten Mal - ist deutlich breiter angelegt als der noch immer maßstabsetzende "Gault Millau": Nicht um gestrenge Gastronomiekritik geht es hier in erster Linie, sondern um das Aufspüren und Empfehlen von dem, was man ein "nettes Lokal" nennt. Da finden sich durchaus Haubenlokale - aber eben auch eine Reihe äußerst reizvoller und auch kulinarisch ansprechender Gaststätten verschiedenster Art, die man im "Gault Millau" vergeblich suchen würde.

Der Autor dieser Zeilen hat die Ausgabe 2001/2002 im heurigen Sommer bereits erfolgreich im oberösterreichischen und salzburgischen Salzkammergut getestet - und merkt nur kritisch an, dass das Krügerl-Symbol bei der Bewertung gar etwas leichtfertig vergeben wird: Nicht jeder Wirt, der ein "-bräu" im Namen führt, hat die entsprechende Bierkultur, für die das Krügerl laut Legende steht.

Womit wir auch schon beim Trinken wären. Und da es auf diesen Seiten ja um den Wein gehen soll, sei hier auf eine Neuerung des "Wo isst Österreich?" besonders hingewiesen: Erstmals ist der bislang alle zwei Jahre erschienene, vom selben Team produzierte Weinguide "Österreichs Spitzenwinzer" in den großen Lokalführer integriert und wird somit künftig ebenfalls jedes Jahr aktualisiert vorliegen. Während küchenmäßig zu "Österreich" dieses Jahr auch Friaul, Istrien (neu!), Slowenien und Südtirol zählen, beschränkt sich der Weinguide (einstweilen noch?) auf Österreich und Südtirol. Aber Egle, von Wagner einmal als "bodenloser Weinschlund" tituliert, wird es wohl auf Dauer nicht dabei belassen wollen, geben doch auch die anderen genannten Regionen weinmäßig einiges her.

Aber schon das, was derzeit vorliegt, ist umfassend, eindrucksvoll und informativ. Anmerken darf man, dass die Steiermark - auch relativ gesehen - ein wenig unterrepräsentiert ist, hier lohnten noch einige Neuentdeckungen, etwa in der Kitzecker Gegend. Freilich: Von Wien aus fährt man nun einmal eher ins Burgenland oder nach Niederösterreich Wein kaufen und trinken. Aber auch das muss ja nicht so bleiben ...

Der Önophile wird auch bei den Lokalbewertungen die Hinweise auf die ihn erwartende Weinkultur schätzen: ein bis drei Glaserln stehen für die im jeweiligen Lokal dem Rebensaft entgegengebrachte Wertschätzung, allenfalls gesellt sich noch ein Stamperl (für besondere Auswahl an Edelbränden) dazu. Wobei zu sagen ist, dass jede Gaststätte zumindest ein Weinglas aufzuweisen hat. Denn - und das zählt zu den erfreulichsten Entwicklungen im gastronomischen Bereich: Eine gewisse wohlsortierte Auswahl an auch glasweise ausgeschenkten Bouteillenweinen bietet mittlerweile so gut wie jeder Wirt, der auf sich hält. Dass sich auf der Speisekarte unter der Rubrik "Wein" nur mehr "Weiß", "Rot", "Weiß gespritzt", "Rot gespritzt" findet, ist so gut wie obsolet. Jene Lokale aber, wo es noch so ist, sollte man vielleicht unter Artenschutz stellen. RM

Wo isst Österreich?

Ausgabe 2002/2003. Die 1.200 besten Gasthöfe, Wirtshäuser und gutbürgerlichen Restaurants in Österreich, Friaul, Istrien, Slowenien und Südtirol. Hg. Christoph Wagner und Klaus Egle. Pichler Verl., Wien 2002, 637 S., e 19,90

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