Was vom Konzil noch lebt

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Geblieben ist ein neues Kirchenbewusstsein. Kirche, das wissen nun viele, ist nicht die Hierarchie, sondern das sind alle Getauften. Daraus ist die Mitverantwortung der Laien gewachsen. Aus einer Priesterliturgie in "fremder Sprache" ist Feier der Gemeinde in der Muttersprache geworden. Eine erneuerte katholische Kirche sucht das Gemeinsame mit anderen christlichen Kirchen, bekennt sich zur gemeinsamen Wurzel im Glauben mit den Juden und ist zum respektvollen Dialog mit den Weltreligionen bereit. Die Kirche öffnete sich zur Welt, die für sie nicht mehr Widerpart des Geistlichen ist, sondern Schöpfung, in der "Gott in allen Dingen" zu finden ist. Kirche hat keinen Selbstzweck, sondern hat den Weg zu Gott zu öffnen.

Geblieben ist aber auch Wehmut, besonders bei denen, die das Konzil in seiner Dynamik miterlebten. Viel hat begonnen, viel zu wenig wurde weitergeführt. Die liturgische Erneuerung hat das Ziel des Konzils noch nicht erreicht, wird aber ängstlich eingebremst. Größere Selbständigkeit der Ortskirche wurde theologisch begründet, im Gegensatz dazu wächst der Zentralismus. Die so befreiende neue Sicht der Ehe wird nicht mehr weitergedacht. In der pluralen Gesellschaft hat die katholische Kirche Angst vor der eigenen Courage bekommen. All das tut weh.

Was dennoch vom Konzil weiterlebt, ist Hoffnung. Anlass dazu gibt das Leben in der Basis. Vom Geist des Konzils zeugen selbstständig gewordene Gemeinden, eine lebendige Gestaltung der Gottesdienste in vielen Formen, eine wach gebliebene, auch kritisch geäußerte Sehnsucht nach mehr Erneuerung und eine besorgte Suche nach einer Pastoral, die gerade Menschen in Krisen in Wort und Sakrament Trost bietet. Und ein wachsender Reformstau lässt hoffen, dass man Erneuerungen nicht länger mehr aufschieben kann.

Weihbischof Krätzl erlebte das II. Vatikanum als Konzilsstenograf.

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