Was wir zu Weihnachten feiern

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Weihnachten, wie wir es in unseren Breiten kennen, ist nicht so arg alt. Es entstand im späten 18. Jahrhundert mit der bürgerlichen Familie und deren bescheidenem Wohlstand und zunehmender Bildung. Weihnachten wurde nach und nach zum zentralen jährlichen Selbstvergewisserungsereignis der Familie.

Feste haben viele und wichtige Funktionen: Sie sind gemeinschaftsbildend und setzen einen Unterschied zum Alltag. Feste manifestieren Selbstzustimmung nach innen und die eigene Bedeutung nach außen. Sie tun all das letztlich, um das Leben trotz und in all seiner Fragilität zu feiern. Deswegen sind Feste auch oft an den heiklen Punkten der Biografie oder des Jahres angesiedelt, wo man erschrecken könnte vor der Zerbrechlichkeit des Lebens: Weihnachten etwa feiert man, wenn es am dunkelsten ist.

Fast alle Feiern greifen ganz selbstverständlich zu drei Dingen: zu spezifischen Orten, zu immer gleichen Ritualen und zu Schönem. Spezifische Orte speichern Erwartungen, Rituale koppeln Handlung und Symbolgehalt, die Schönheit der Feste aber markiert die Differenz zum Alltag und inszeniert ein sinnliches Gemeinschaftserleben.

Deswegen ist Ostern zwar das theologisch bedeutendste, aber nicht das populärste kirchliche Fest. Sein Ort ist prekär, denn das Grab ist leer und die Auferstehung ist auch nur schwer rituell nachspielbar. An Weihnachten hingegen klappt das Feiern gut: Man feiert im neugeborenen Kind Jesus das Leben an sich. Dass die Geburt auch der gefährlichste Moment des Lebens ist, wird genau darin verarbeitet. Wir feiern Weihnachten, dass Gott sich auf unser prekäres Leben eingelassen hat. Zu diesem Fest gehören die Armut des Stalls wie die Schönheit der himmlischen Chöre. Schönheit rettet die Welt nicht. Aber die gerettete Welt ist schön und Schönheit eine Ahnung, wie die gerettete Welt sein könnte.

Der Autor ist katholischer Pastoraltheologe an der Universität Graz

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