Donner und Blitz, Sack und Asche können nicht gutmachen, was Kardinal König vor zwei Wochen an dieser Stelle angetan worden ist: Dem fast 95-jährigen Kirchenmann wurden 80 Lebensjahre gegeben, satte 15 also glatt unterschlagen. Das kann nur ein Wink des Himmels gewesen sein, der ihm die hier geraubten 15 Jahre auf sein jetziges Alter noch drauflegen möchte: 110 also soll er werden, wir brauchen ihn jeden Monat davon!
Franz König, der sich in seinem Ruhestand weniger Ruhe als je zuvor vergönnt, landauf landab seine mahnende Stimme zu Gunsten von Weltoffenheit und Toleranz erhebt, national und international den Weg von Kirche und Welt kritisch, loyal und voll Hoffnung begleitet, verkörpert in seiner Person, was eine Kirche zu sein hätte: Gewissen der Gesellschaft, moralischer Leuchtturm. Um so erfreulicher, dass Kathpress jüngst die hier ausgesprochene Hoffnung, er möge quasi als Geburtstagsgeschenk eine historisch erstmalige Begegnung des Patriarchen des Abendlandes, also des Papstes, mit dem Patriarchen von Moskau erleben, als durchaus realistisch bewertet hat.
Auch von anderen österreichischen Bischöfen war dieser Tage Erfreuliches zu hören. So ließ der Innsbrucker Oberhirte Alois Kothgasser einen Vorrang des Rechts auf Eucharistie erkennen, dem die Zulassungsbedingungen zum kirchlichen Amt untergeordnet werden müssten. Konkret heißt dies: Bei krassem Priestermangel muss man über Viri probati und Frauendiakone offen reden können!
In der letzten Juni-Woche wird übrigens der Wiener Erzbischof, Kardinal Schönborn, in Rom in Österreich entwickelte Modelle für Bischofsbestellungen erläutern, die vom Vatikan jüngst brüsk zurückgewiesen wurden, obwohl sie in keiner Weise dem Kirchenrecht widersprechen. Der Grazer Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann hat jüngst das "historische Misstrauen der kirchlichen Hierarchie gegen Demokratie und demokratische Strukturen" der Kirche mit Recht zur Pflichtbesinnung aufgetragen.
Es tut sich was in dieser Kirche. Der Pfingstgeist weht. Wehen soll man ihn lassen! Dann wird jedes "Jammerverbot" überflüssig.
Hubert Feichtlbauer ist freier Publizist und Vorsitzender der Plattform "Wir sind Kirche".
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