Wer geholt wird, soll bleiben dürfen

19451960198020002020

Gewährung von befristetem Aufenthalt ist der falsche Weg. Das sollte man nach den Erfahrungen aus den 60er Jahren wissen.

19451960198020002020

Gewährung von befristetem Aufenthalt ist der falsche Weg. Das sollte man nach den Erfahrungen aus den 60er Jahren wissen.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Green-Card ist eine unbefristete Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung für die USA. Green-Cards werden nur unter strengen Voraussetzungen und an bestimmte Personenkreise vergeben. Zusätzlich stellt die US-Einwanderungsbehörde aber per Losverfahren jährlich insgesamt 55.000 Einwanderungsvisa zur Verfügung. Die USA möchten so die Vielfalt unter den Neueinwanderergruppen erhöhen. Allen Besitzern der Green-Cards wird eine uneingeschränkte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in den USA erteilt.

Da fällt gleich auf, daß das bei uns nicht so diskutiert wird, sondern viele verfallen einem Fehler, der schon in den 60er Jahren gemacht wurde und sprechen von einer zeitlich beschränkten Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für ausgewählte Fachkräfte.

Der deutsche Bundeskanzler Schröder stellt die pragmatische Frage: Wie viele Ausländer aus Nicht-EU-Ländern braucht die Wirtschaft? Er hat die Angst den "new-economy-boom", mit dem die USA faszinieren, zu versäumen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund verweist dagegen auf 37.000 arbeitslos gemeldete EDV-Spezialisten und 56.000 Ingenieure ohne Job.

Auch in Österreich herrscht angeblich ein Defizit an Computerspezialisten, das durch eine liberalere Ausländerbeschäftigungspolitik abgebaut werden könnte. So schildert es jedenfalls Rudolf Lichtmanegger, Geschäftsführer der AG Informationsgesellschaft in der Bundeswirtschaftskammer die Situation. Jährlich kommen rund 3.500 hoch- und mittelqualifizierte EDV-Leute aus Universitäten und Schulen, der Bedarf ist aber um einiges höher. Ich halte die Vorschläge, die in Österreich unter dem Schlagwort Green-Card diskutiert werden, in einigen Punkten für bedenklich. Es stört mich nicht, wenn qualifizierte Arbeitskräfte nach Österreich kommen und hier in Zukunftsbranchen arbeiten. Das kann zum Vorteil beider Beteiligten sein.

Was mich stört sind zwei Aspekte: Man muß den kurzfristigen Personalmangel unter einer langfristigen Perspektive sehen. Die vorübergehende Gewährung des Aufenthaltes halte ich für den falschen Weg. Signalisiert wird den Menschen folgendes: So lange es in Österreich nicht genügend ausgebildete Arbeitskräfte gibt, dürft ihr bei uns arbeiten, danach geht es wieder nach Hause. Wer nach jahrzehntelanger Erfahrung noch nicht den wahren Spruch: "Wir haben Arbeitskräfte gerufen, es sind Menschen gekommen", beherzigt, wird dieselben Probleme aufs neue kreieren. Menschen, die hierher kommen, arbeiten nicht nur in Österreich, sie leben hier, gehen Freundschaften und Beziehungen ein und bei vielen wird Österreich der neue Lebensmittelpunkt, den sie nicht mehr aufgeben wollen.

Ein weiterer Aspekt ist der, daß Österreich in die Ausbildung qualifizierter Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen investieren und nicht Fachkräfte aus anderen Ländern abziehen soll, die dort notwendig sind. Wir haben sicherlich in Österreich die Ressourcen um jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen, die momentan gefragt ist. Wenn wir jetzt osteuropäische Fachkräfte nach Deutschland oder Österreich holen, werden sie dort fehlen. Die betroffenen Volkswirtschaften bilden Fachkräfte aus und die reicheren Länder in der EU haben den Nutzen - das ist zum einen ein unfaires Arrangement und zum anderen auch mittelfristig aus der Sicht der EU nicht sinnvoll, weil diese Länder, die Beitrittskandidaten sind, so um Wachstumschancen beraubt werden.

Grundsätzlich meine ich, daß Maßnahmen getroffen werden müssen, damit genügend Menschen die gefragte Ausbildung erhalten, wenn man aber zusätzlich Arbeitskräfte nach Österreich holt, dann soll ihnen das Recht gewährt werden, hier zu bleiben, damit sie nicht im Bewußtsein leben, bei einer anderen Konstellation von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt des Landes verwiesen zu werden.

Der Autor ist Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA).

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung