Wer passt besser in die Hofburg?

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Die Journalistin Barbara Coudenhove- Kalergi unterstützt Heinz Fischer und hält Benita Ferrero-Waldner für die falsche Besetzung im Präsidentenamt. Der Schauspieler Albert Fortell sieht das umgekehrt: Ihm erscheint eine Diplomatin für das höchste Amt im Staat geeigneter als einer, der zeitlebens nur in Parteihierarchien gedacht hat.

Die Furche: Herr Fortell, sie unterstützen Benita Ferrero-Waldner, gibt es trotzdem etwas, was Sie an Heinz Fischer schätzen?

Albert Fortell: All das, was seine Wahlkampfstrategen für ihn postulieren, halte ich prinzipiell für möglich: Ruhe, Sicherheit, Ausgeglichenheit - das strahlt er scheinbar auch aus. Ich würde das schätzen, wenn ich nicht eine böse Erfahrung mit ihm bei einer Diskussionsveranstaltung gemacht hätte: Ich war Student und im Unterschied zum Rest des Publikums nicht Fischers Meinung, worauf er unglaublich arrogant das Gespräch einfach abgebrochen hat.

Die Furche: Sie würden also in jedem Fall, wer es auch ist, den Gegenkandidaten von Fischer unterstützen?

Fortell: Es macht schon einen Unterschied, wenn ich mir die Karriere von Ferrero-Waldner anschaue und sie mit der von Fischer vergleiche: Kaum ist er mit dem Studium fertig, arbeitet er für die SPÖ und ist beim ARBÖ und bei allem anderen, was zur roten Reichshälfte gehört. Für mich als Freiberufler ist das unverständlich, wenn einer von der Stunde Null an in diesen sicheren Hafen einfährt und bis zum heutigen Tag im Vergleich zu Ferrero-Waldner - das gilt nicht für andere ÖVP-Politiker - wirklich 150-prozentig parteipolitisch verhaftet ist.

Die Furche: Frau Coudenhove auch an Sie zuerst die Frage: Sie unterstützen Heinz Fischer, was schätzen Sie an Frau Ferrero-Waldner?

Barbara Coudenhove-Kalergi: Ich glaube, dass sie eine disziplinierte, tüchtige Frau ist, gut ausschaut und sehr gepflegt wirkt - auch das gehört zum Geschäft. Ich glaube nur, um im Metier von Herrn Fortell zu bleiben, dass sie die falsche Besetzung ist, sowohl als Außenministerin als auch als Bundespräsidentin.

Die Furche: Warum sollte Heinz Fischer die Rolle besser ausfüllen?

Fortell: Ich wünsche mir als Bundespräsidenten ein politisches Schwergewicht, jemanden, der politisch denken, urteilen, handeln kann. Das sehe ich bei Ferrero-Waldner nicht. Das ist nicht ihre Schuld - Bundeskanzler Schüssel will weder im Außenministerium noch in der Hofburg jemanden, der politisches Eigengewicht hat. Er will jemanden, der eine repräsentative Funktion, eine Werbefunktion erfüllt. Ich erwarte mir mehr. Fatal wäre das auch, wenn es zu einer wirklichen Krise kommt. Wir hoffen, so etwas passiert nie, aber im Zeitalter des Terrorismus ist alles möglich. Da hätte ich ein besseres Gefühl, wenn Heinz Fischer Bundespräsident ist.

Fortell: Fischer war nie Diplomat. International tätig war er nur innerhalb des sozialistischen Biotops. Er hat immer nur in Parteihierarchien und -strategien gedacht. Daher stelle ich in Zweifel, was so jemand in einer Krise macht. Wir haben ja gesehen, was Klestil angestellt hat - da kann schon viel passieren, wenn sich einer diplomatisch falsch bewegt.

Die Furche: Klestil war Diplomat.

Fortell: Das allein ist keine Garantie, aber trotzdem ist mir jemand lieber, der dieses Parkett kennt.

Coudenhove-Kalergi: Es stimmt, Heinz Fischer ist ein in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat. Für mich ist das ein wohltuender Kontrast zu manchen Typen, die jetzt in Mode gekommen sind, die überall und nirgends sein können, und nur eines im Sinn haben: sich selber zu promoten. Insofern ist Heinz Fischer im guten Sinn altmodischen Werten und Idealen verhaftet. Als Nationalratspräsident hat er fair und ausgewogen agiert - und auch dass er gute Kontakte mit ausländischen Politikern hat, traue ich ihm mehr zu als seiner Kontrahentin.

Fortell: Die diese Kontakte jetzt zwölf Jahre lang intensiv gepflegt hat; in einem Ausmaß, das er nicht kennt und auf einer Ebene, wo er nie war.

Coudenhove-Kalergi: Ich will nicht auf Frau Ferrero-Waldner schimpfen, die durchaus ihre Qualitäten hat. Ich habe nur von ihr keine einzige Aussage zur Außenpolitik gehört, bei der ich das Gefühl hatte, da hat jemand nachgedacht, da ist Substanz dahinter. Auf mich macht ihre Amtsführung einen aufgesetzten, eingelernten Eindruck. Die eigenständige politische Persönlichkeit ist der Bundeskanzler, aber nicht die Außenministerin.

Fortell: Diplomatie darf nicht zu Standpunktlosigkeit führen - das ist aber bei Ferrero-Waldner nicht der Fall. Bei der Imame-Konferenz letztes Jahr in Graz hat sie nicht herumgesäuselt, sondern unmissverständlich Stellung zur Rolle der Frau in muslimischen Gesellschaften bezogen. Da waren klare Aussagen zu hören.

Bei Heinz Fischer gibt es die nicht: Wie der chinesische Präsident Li Peng in Österreich war, hat Fischer das Massaker auf dem Tienanmen-Platz zwar verurteilt, aber auch Verständnis gezeigt. Und wie er in den achtziger-Jahren in Kuba war, hat er nur positiv über diese Diktatur gesprochen. Und Fischer war Vizepräsident der nordkoreanischen Gesellschaft, die eine der grauenhaftesten Neuzeit-Diktaturen vertritt. Da führe ich als politischer Kopf nicht einfach so den Vorsitz, wenn ich nicht eine gewisse Lastigkeit habe.

Coudenhove-Kalergi: Ich habe mich in den sechziger/siebziger-Jahren noch mehr als heute als Teil der Linken verstanden. Und wir waren diejenigen, die kommunistische Regime am allerschärfsten kritisiert haben&

Fortell: Stimmt!

Coudenhove-Kalergi: &und wir haben auch den Sozialdemokraten vorgeworfen, dass sie zuwenig kritisch sind. Und was diese nordkoreanische Gesellschaft angeht, gebe ich Herrn Fortell recht.

Fortell: Aber was steckt dahinter, wenn man so etwas tut? Links ist nicht links, rechts ist nicht rechts, da gibt es ein Spektrum.

Coudenhove-Kalergi: Mit dem Ostblock auf diplomatische Art umzugehen, war nicht Sympathie, schon gar nicht aus einem linken Bewusstsein heraus. Dahinter steckte die Vorstellung, das neutrale Österreich muss mit allen können. Dazu kam die nicht falsche Strategie "Wandel durch Annäherung": Durch verstärkte Kontakte konnte man den Menschen hinter dem Eisernen Vorhang am besten helfen. Das war Fischers Position. Ich weiß, dass er die stalinistischen Prozesse genau studiert und klarer als andere eine Trennlinie gezogen hat. Sympathie für kommunistische Diktaturen kann ich ihm nicht vorwerfen, höchstens zuviel Diplomatie.

Fortell: Er hat aber keine Antipathie gegenüber diesen Regimen gezeigt&

Coudenhove-Kalergi: Doch eindeutig Antipathie.

Fortell: Ich habe bei Fischer sehr lachen müssen, als dieser jetzt von einem Tag auf den anderen seine Parteiämter niedergelegt hat - und auf einmal soll das nicht mehr gelten, was 40 Jahre lang gegolten hat.

Die Furche: Die Frau Außenminister hat Ihr Amt nicht zurücklegt - zeugt das von Unabhängigkeit?

Fortell: Ich möchte hier von nuancierter Unabhängigkeit sprechen und die hat Ferrero-Waldner auf jeden Fall mehr als Fischer.

Coudenhove-Kalergi: Für mich ist Ferrero-Waldner nicht die unabhängigere Kandidatin, aber sehr wohl der unpolitischere Mensch. Auch der ÖVP-Wahlkampf zielt modern in eine unpolitische Richtung und ist aufgezogen wie die Werbekampagne für eine sympathische Frau. Ich sehe das nicht als Fortschritt, sondern als eine Veroberflächlichung.

Fortell: Der VP-Wahlkampf ist professionell, deswegen aber nicht unpolitisch. Vermarkten muss jede Partei ihren Kandidaten. Heinz Fischer lässt sich anscheinend halt nicht so gut vermarkten. Was Sie bei Ferrero-Waldner als unpolitisch kritisieren, interpretiere ich vielmehr als das flotte, zeitgemäße Image einer modernen Frau.

Coudenhove-Kalergi: Ich bin zu alt, um sagen zu können, was das Frauenbild der Jungen ist. Für mich ist es kein modernes Frauenbild, das Benita Ferrero-Waldner darstellt. Ich halte es sogar für verlogen, wenn die ÖVP die Frauenkarte zückt, diese aber mit einer Zuarbeiterin des Bundeskanzlers besetzt. Das ist Pseudo-Frauenpolitik.

Das Gespräch moderierte Wolfgang Machreich.

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