Werbung
Werbung
Werbung

Elf Jahre dauerte es, bis die vatikanische Erklärung zur Judenfeindschaft und zur Schoa verwirklicht wurde: eine klare Absage an jeden Antijudaismus - und ein "Akt der Reue" für das Verhalten der "Söhne und Töchter der Kirche" gegenüber Juden.

Erste Reaktionen auf "Wir erinnern uns" - nicht zuletzt von jüdischer Seite - sprechen von Enttäuschung über die historische Analyse im Dokument: Das Schweigen der Kirche während der Schoa, der Judenvernichtung des NS-Regimes, wird nicht thematisiert. Keine Rede ist von der Verstrickung gerade des Vatikans in die Fluchthilfe für Nazigrößen. Dafür werden positive Beispiele christlichen Widerstands gegen die Judenfeindschaft, etwa die "Adventpredigten" des Münchner Kardinals Faulhaber im Jahre 1933, angeführt (schon 1967 wies der Kulturphilosoph Friedrich Heer darauf hin, daß derartige Beispiele "heroischer Verteidigung" der Juden durch Christen einer historischen Bewertung nicht standhalten).

Im Dokument wird zwar aufrichtig das schuldhafte Verhalten einzelner oder Gruppen von Christen einbekannt, von einer Schuld der Institution Kirche ist jedoch keine Rede. Wie kann man aber einzelnen die Verantwortung aufladen, ohne den Zusammenhang der Institution oder der Strukturen, in denen Menschen gefangen sein können, zu bedenken?

Bekanntlicherweise hat gerade Johannes Paul II. (in bezug auf soziale Ungerechtigkeit) von "Strukturen der Sünde" gesprochen. Angesichts der Geschichte christlicher Judenfeindschaft müßte die Kirche endlich eingestehen, daß auch sie derartigen Strukturen anheimgefallen ist: "Wir bekennen" wäre als Titel eines nächsten Schoa-Dokuments angebracht. ofri

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung