Wald Morgen - © Foto: iStock/Redline96

Stephen Batchelor: "Wir brauchen eine globale Antwort"

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Stephen Batchelor sieht die Lehre des Buddha auf dem Weg in eine postbuddhistische Ära. Gespräch mit einem buddhistischen Querdenker.

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Stephen Batchelor sieht die Lehre des Buddha auf dem Weg in eine postbuddhistische Ära. Gespräch mit einem buddhistischen Querdenker.

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Mit Büchern wie "Buddhismus für Ungläubige" (2005) und "Bekenntnisse eines ungläubigen Buddhisten" (2010) hat Stephen Batchelor weltweit für Aufsehen gesorgt. Jetzt hat der ehemalige Mönch, der heute zu den meist diskutierten buddhistischen Autoren zählt, mit provokanten Ausführungen nachgelegt: Ende Oktober erscheint sein neues Buch, das die Weisheitslehre des Buddha in einer säkularisierten Version "nach dem Buddhismus" beschreibt - und hinsichtlich der Herausforderungen unserer globalisierten Welt neu zu denken versucht ("After Buddhism. Rethinking the Dharma for a Secular Age", Yale University Press). Die FURCHE traf den gebürtigen Schotten, der mit seiner Frau Martine in Südwest-Frankreich lebt, anlässlich eines Vortrags in der Yogawerkstatt in Wien.

DIE FURCHE: Die Rezeption des Buddhismus im Westen erfolgt heute unter den Vorzeichen eines säkularen, wissenschaftlich geprägten Zeitalters. Glauben Sie, dass sich im Westen nun ein "besserer" Buddhismus entfalten kann?

Stephen Batchelor: Ich liebäugle mit dem Gedanken, dass es so sein könnte. In seinen besten Erscheinungsformen war Buddhismus immer kompatibel mit der Wissenschaft. Und die heutige Begegnung mit einer radikal wissenschaftlichen Weltsicht hält für den Buddhismus eine Basis bereit, sich selbst kritisch zu überdenken, um jene Ansichten zu entrümpeln, die das Erbe eines vorwissenschaftlichen Aberglaubens sind. Der Buddhismus hat einen großen Fehler gemacht, als er damit anfing, den Zugang zur absoluten Wahrheit zu beanspruchen. Der Buddha hat diesen Ausdruck niemals verwendet. Dennoch ist er ein wichtiger Teil der buddhistischen Orthodoxie geworden, etwa in der Gegenüberstellung von "absoluter" und "relativer Wahrheit". Im Pali-Kanon gibt es das nicht - ein gutes Beispiel dafür, wie eine metaphysische Idee nachträglich zentralen Stellenwert im Buddhismus erlangt hat. Das war ein wirklicher Schock für mich, als ich das entdeckt habe!

DIE FURCHE: Sie deklarieren Ihre Vision gerne als "Buddhismus 2.0". Aber es finden sich doch bereits in Asien sehr pragmatische buddhistische Lehrer und Bewegungen, die sich nicht für metaphysische Ideen wie die Wiedergeburt interessierten ...

Batchelor: Ja, ein gutes Beispiel ist B. R. Ambedkar, der indische Politiker und Sozialreformer, der zur Zeit Nehrus die "Vier edlen Wahrheiten" völlig neu formuliert hat. Er betrieb eine soziale und politische Auslegung der buddhistischen Lehre. Der Mönchsgelehrte Ajahn Buddhadasa hat in Thailand ein bisschen später etwas Ähnliches gemacht. Ich bin aber nicht so sehr daran interessiert zu versuchen, die frühe buddhistische Lehre mit einer sozialen Bewegung in Verbindung zu bringen. Ich glaube, der Buddha wollte mit seiner Lehre viel eher die Grundlagen einer Kultur oder Zivilisation etablieren. Und dieses Unterfangen ist dann recht schnell zu einer organisierten Religion mutiert.

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