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Zweites "Forum Sacré CSur" mit Erhard Busek über Bildung im europäischen Horizont. Reflexive Zusammenfassung einer Schülerin.

Dieses Jahr steht Europa vor einem einzigartigen historischen Ereignis. Am 1. Mai 2004 werden zehn Staaten der EU beitreten. Wie kommen wir mit der Welt zurecht, die uns durch die Osterweiterung eröffnet wird? Wie gut kennen wir die einzelnen Kulturen der Beitrittsländer? Das sind Fragen, die Erhard Busek im Rahmen seines Vortrags "Bildung im Horizont des erweiterten Europa" am Gymnasium Sacré CSur aufwarf.

Dem Begriff der Bildung sprach Busek eine große Rolle zu; sie sei essenziell für das Völkerverständnis. Historische Kenntnisse sind zum Verständnis der Welt, in der wir leben, unbedingt notwendig. Es ist die Frage zu stellen, ob das erweiterte Europa sich allein aus Wirtschaft und Recht konstituieren lässt. Sollte dem Bildungs- und Kulturbereich nicht die gleiche Bedeutung beigemessen werden wie ökonomischen Entwicklungen und Rechtsfragen? (Eine europäische Zuständigkeit für Bildungspolitik gibt es freilich nicht.) Für ein vereintes Europa braucht es den geistigen Menschen. "Das Tempo der Veränderung ist die Sprache der Verständigung", so Busek. "Wissen übereinander" ist unerlässlich für eine funktionierende Gemeinschaft.

Fehlendes Zugehen

Busek strich die Problematik des fehlenden Zugehens auf die EU-Beitrittskanditaten heraus. Die Erweiterung passiert derzeit hauptsächlich ökonomisch, während sie politisch eher holpernd verläuft. Wir wissen wenig über die zehn Länder, die in zwei Monaten zu unserer Gemeinschaft gehören werden. Während der Jahrzehnte des "Eisernen Vorhangs" war der Osten außerhalb des Blickfeldes der westlichen Welt. Es dauerte, bis die osteuropäischen Länder als wirtschaftliche Herausforderung entdeckt wurden.

Bei Jugendlichen herrscht derzeit noch eine ausgeprägte "Westorientierung" vor. Nur wenige können sich vorstellen, in einem osteuropäischen Land zu arbeiten und zu studieren. Viele haben allein bei einem Besuch eines osteuropäischen Landes noch immer Vorbehalte. Dies dürfte wohl auch mit mangelnden Sprachkenntnissen zusammenhängen. Es wird daher vor allem Aufgabe der Schule sein, Jugendliche auf das Leben im vereinten Europa vorzubereiten. Plakativ gesprochen: "Lernt die Sprachen unserer Nachbarn - dass einer des anderen Sprache verstehe!"

Bestes Beispiel dafür ist unsere neue Mitschülerin Maria Zborilová, Austauschschülerin aus der Partnerschule Cyrilometodéjská Strédni, Pedagogická Skola, a Gymnázium, Brno. Maria spricht von großer Skepsis bezüglich des EU-Beitritts vor allem bei alten und armen Leuten. Junge Leute, so meint sie, haben viel Energie und auch große Visionen; sie wissen, dass eine bessere und glückliche Zukunft nur in einem gemeinsamen Europa liegen kann. "Die Stellung der Tschechischen Republik in Europa wird sich verändern, und wir werden nicht nur der ehemalige kommunistische Staat sein. Gerade deshalb ist es von großer Bedeutung, dass wir die Lebensweisen in den einzelnen Ländern kennen und schätzen lernen."

Das vereinte Europa sollte für eine große Gemeinschaft stehen, in der jede Kultur und jede Sprache akzeptiert und gepflegt wird. Dennoch besteht die Gefahr des Verlustes der Kulturen und der Identität der einzelnen Länder durch eine derartige Verschmelzung. Gleichzeitig eröffnen sich durch die Erweiterung viele neue Möglichkeiten, von denen nicht nur die Erweiterungsländer, sondern auch wir profitieren. Besonders die junge Generation sollte sich mit der Erweiterung der Union auseinandersetzen, um ein Basiswissen über die Beitrittsländer vorweisen zu können. Schließlich wird ja unsere Generation "Trägerin" dieser Gemeinschaft sein. In diesem Zusammenhang wollen wir auch auf das Aktionsprogramm "Jugend" der EU für die Förderung der Zusammenarbeit im Jugendbereich hinweisen. Die Verantwortung für die Umsetzung des Programms liegt bei der Europäischen Kommission.

Rechts- & Friedensordnung

Es ist ein großes Anliegen der EU, die Bildungspolitik zu fördern. Seit den Verträgen von Maastricht gibt es nur eine subsidiäre Zuständigkeit für Bildung und Kultur. Eine einheitliche Verfassung sollte auch eine Angleichung der Bildungsstandards der Mitgliedstaaten beinhalten.

Busek sprach unter anderem in seinem Vortrag auch jene Mobilität an, die an den mittelalterlichen Universitäten selbstverständlich war, in der heutigen Zeit aber in der Form nicht mehr vorhanden ist. Daher wäre es im Rahmen eines einheitlichen Europas wichtig und wünschenswert, gerade diese Mobilität zu fördern.

Unsere Generation wird es also sein, welche die einzigartige Rechts- und Friedensordnung mitgestalten wird, nämlich die neue Staatsidee des 21. Jahrhunderts, in der "griechische Weisheit, römisches Rechtsdenken und christlicher Glaube" das gemeinsame Erbe des Europa von morgen sind. Eine Welt, in der die Entfaltung des Einzelnen in demokratischer Freiheit, Würde und Selbstverantwortung möglich ist.

Simone Quantschnigg

Wahlpflichtfachgruppe GSK 7a

Umfrage zur EU-Erweiterung

Rund 50 Schüler/innen im Alter von 16 und 17 Jahren wurden in unserem Gymnasium befragt:

* 54 % empfinden die Osterweiterung als große Chance für Österreich und die anderen EU-Staaten.

* 26 % bewerten den Beitritt der ehemaligen Ostblockstaaten negativ für die bestehende europäische Gemeinschaft.

* 20 % der befragten Schüler/innen sehen in der Erweiterung keine Herausforderung für neue Perspektiven und Wege in der Europapolitik.

Erstellung, Durchführung und Auswertung des Fragebogens: Katharina Zagata, Dominica Tausch, Simone Quantschnigg, Wahlpflichtfachgruppe GSK 7a

Forum Sacré CSur

Unter diesem Titel veranstaltet das Wiener Gymnasium Sacré CSur im laufenden Schuljahr gemeinsam mit der Furche eine fünfteilige Gesprächsreihe. Nach dem Auftakt mit dem Erziehungswissenschaftler Alfred Schirlbauer im Dezember (s. Furche Nr. 4/04) referierte und diskutierte am 23. Jänner Vizekanzler a. D. Erhard Busek über "Bildung im Horizont des erweiterten Europa".

Zu Gast beim dritten Forum Sacré CSur an diesem Donnerstag ist Maria Rauch-Kallat, Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, das Thema des Abends lautet "Soziale Verantwortung macht Schule - Compassion" (Moderation: Rudolf Mitlöhner, Die Furche). Eine Nachbereitung seitens der Schüler und Schülerinnen können Sie in einer der nächsten Ausgaben lesen.

Donnerstag, 26. Februar

19.30 Uhr, Festsaal

1030 Wien, Rennweg 31

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