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„Wir sind Kirche” - wer sind dann die anderen?

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Das Innsbrucker „Begehren” stößt vor allem bei Bischöfen, aber auch bei vielen Laien auf Skepsis und Ablehnung.

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Das Innsbrucker „Begehren” stößt vor allem bei Bischöfen, aber auch bei vielen Laien auf Skepsis und Ablehnung.

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Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, aus denen heraus ich das „Kirchenvolks-Begehren” ablehne. Zunächst eine prinzipielle Überlegung: Eine Plattform, die von sich selbst erklärt „Wir sind Kirche”, scheint nicht gerade von demokratischem Geist durchdrungen, den sie doch angeblich zu ihrem Prinzip erhoben hat - nota bene im deklarierten Gegensatz zu der von ihr angegriffenen sogenannten „Amtskirche”. Denn wenn nur jene Kirche sind, die dieses Begehren unterstützen - wer sind dann die anderen?

Die Gleichwertigkeit aller Gläubigen ist spätestens seit Paulus bekannt

Da halte ich mich lieber an den Katechismus der Katholischen Kirche, der weit umfassender formuliert: „Zu dieser katholischen Einheit des Gottesvolkes ... sind alle Menschen berufen. Auf verschiedene Weise gehören ihr zu oder sind ihr zugeordnet die katholischen Gläubigen, die anderen an Christus Glaubenden und schließlich alle Menschen überhaupt, die durch die Gnade Gottes zum Heile berufen sind” (Lumen gentium 13, Katechismus der Katholischen Kirche 836).

Ein zweites: Die Formulierungen, die im „Kirchenvolks-Begehren” verwendet werden, sind schlicht irreführend beziehungsweise gehen sie von falschen Voraussetzungen aus. Gleich zu Beginn wird als'Ziel der Aufbau einer geschwisterlichen Kirche genannt - aber diese muß nicht erst aufgebaut werden von irgendeiner Menschengruppe, sie existiert, seit sie von Christus gegründet wurde. Wenn wir alle Kinder Gottes sind, dann sind wir wohl auch Geschwister. Auch die Gleichwertigkeit aller Gläubigen ist spätestens seit

Paulus bekannt: „Verschiedene Gnadengaben gibt es, aber nur den einen Geist, der sie alle verleiht, verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn”. (1 Kor 12).

Was die Gleichberechtigung der Frau anlangt, so ist diese weitgehend realisiert: „Indem Gott den Menschen ,als Mann und Frau' erschuf, schenkte er dem Mann und der Frau in gleicher Weise personale Würde” (Familiaris consortio 22). Pastoralassistentinnen, Professorinnen, Frauen als Katechisten, Religionslehrerinnen, Gottesdienstlei -terinnen, Kommunionspenderinnen, Lektorinnen, Ministrantinnen, weibliche Angehörige der Pfarrgemeinderäte undsoweiter gibt es in so gut wie jeder Diözese.

„Wer dagegen Sturm laufen will, ist dem Papst ungehorsam”

Die Päpste, vor allem jene dieses Jahrhunderts, haben immer wieder in vielen Schreiben die besondere Würde und Bedeutung der Frau hervorgehoben. Warum der Frau das Priesteramt verwehrt bleibt, hat Johannes Paul II. erst vor kurzem wieder ausführlich begründet und bekräftigt. Wer dagegen Sturm laufen will, ist dem Papst ungehorsam -und er thematisiert zudem eine Frage, die erfahrungsgemäß nur wenige Christen wirklich aufwühlt. Dasselbe gilt für die Aufhebung des Zölibats. Allerdings eignen sich beide Themen besonders gut dazu, Opposition gegen die Lehre der Kirche zu schüren.

Zur geforderten „positiven Bewertung der Sexualität”: Auch hier halte man sich getrost an den Katechismus. „Die Geschlechtlichkeit ist eine Quelle der Freude und Lust” (Katechismus der Katholischen Kirche 2362).

Daß die katholische Kirche die Sexualität unter den Schutz des Sakramentes der Ehe stellt, bedeutet keineswegs, daß Sexualität abgelehnt wird, doch ist es freilich einfacher, darauf nicht einzugehen. Zur kritisierten „lähmenden Fixierung auf die Sexualmoral” wäre zu sagen: Diese ist den Medien anzulasten, nicht aber der Kirche, die anderen Themen viel, viel mehr 'Zeit und Aufmerksamkeit widmet. Doch sind diese Themen eben meist nicht so medienwirksam und bleiben daher meist unbeachtet. Zum letzten Punkt: „Frohbotschaft statt Droh-botschaft”. Was, bitte, soll das? Die Botschaft Jesu Christi ist eine frohe, es ist die Botschaft, daß Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist, um die Menschen zu erlösen. Was als „angstmachende und einengende Normen” bezeichnet wird, sollen wohl die Gebote sein, die Gott seinen Geschöpfen gegeben hat, weil er sie liebt, weil er sie vor dem Schaden bewahren will, der zwangsläufig die Folge der Sünde ist. Wer das ablehnt, zeigt damit, daß er (noch) nicht erkennt, daß Gott gut ist, die Menschen liebt, das Gute für uns will.

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