Werbung
Werbung
Werbung

Das Interesse der Menschen an der Wahl und Amtseinführung von Papst Benedikt XVI. war weit über den Bereich der römisch-katholischen Kirche hinaus enorm. Auch das Interesse der Medien. Die Schlagzeilen der englischen Boulevardzeitungen sind dabei ihrem schlechten Ruf treu geblieben. Die deutsche Bild-Zeitung hingegen hatte etwas Besonderes zu bieten. Sie brachte den Aufmacher: "Wir sind Papst!". Damit sollte wohl in boulevardgerechter Weise der Stolz darüber ausgedrückt werden, dass der Papst aus Deutschland stammt. Analog zur Schlagzeile: "Wir sind Weltmeister!", von der die Leser und Leserinnen von Bild in Vorschau auf die Fußball-wm 2006 schon heute träumen dürften.

"Wir sind Papst" ist nun eine Formulierung, die für die ökumenische Diskussion rund um das unterschiedliche Amtsverständnis der Kirchen durchaus anregend ist. Sie entspricht ziemlich genau der Lehre Luthers vom allgemeinen Priestertum der Getauften. Als Beispiel ein Zitat aus der Schrift "An den christlichen Adel deutscher Nation" von 1520. Da kann Luther sagen: "Denn was aus der Taufe krochen ist, das kann sich rühmen, dass es schon zum Priester, Bischof und Papst geweihet sei." Für die Reformation sind alle Getauften desselben geistlichen Standes, da besteht kein Unterschied. Evangelisch gesehen hat also Bild recht: Ja, wir sind Papst! Unterschiede sind dort notwendig, wo es um "Amt und Werk" (Luther) geht, also hinsichtlich der öffentlichen Verkündigung und Feier der Sakramente. Das Amt in der Kirche ist daher funktional zu begründen.

In der Ökumene geht es aus evangelischer Sicht also nicht bloß um die Form der päpstlichen Amtsausübung, sondern um das Papstamt als solches.

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung